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Mongolische Mixtur aus Dichtung und Wahrheit

Märte Burmeister28. Juli 2005

Super-Spezialeffekte, Starbesetzung und bombastische Ausgaben: Das ist Filmemachen in Hollywood. Doch großes Kino geht auch anders. "Die Höhle des gelben Hundes" zum Beispiel vermischt Legende und Wirklichkeit.

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Freundschaft zwischen Mensch und Tier: Nansa mit Hund "Zochor"Bild: DW-TV

In westlichen Ländern gilt der Hund günstigenfalls als "des Menschen bester Freund", im mongolischen Glauben dagegen ist er sogar die letzte Inkarnationsstufe vor der menschlichen Wiedergeburt. Und so erklärt der Vater der sechsjährigen Nansa gleich zu Beginn des Films bei der Beerdigung eines Hundes: "Jeder stirbt, aber niemand ist jemals wirklich tot." Der Glaube an den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt ist ein fester Bestandteil im Leben der mongolischen Nomaden, zu denen auch Nansa, ihre Eltern und ihre beiden jüngeren Geschwister gehören. Die weite Steppe der Mongolei ist ihr Zuhause.

Filmszene DIE HÖHLE DES GELBEN HUNDES
In der mongolischen Steppe zuhause: Nansa und ihre FamilieBild: X Verleih

Trotz der besonderen Bedeutung eines Hundes ist Nansas Vater so gar nicht begeistert, als sie eines Tages den schwarz-weißen "Zochor" nach Hause bringt. Er befürchtet, der Hund könne Wölfe anlocken und so die Schafherden bedrohen. Doch Nansa weigert sich, Zochor wegzujagen. Als er eines Tages dennoch verschwindet, trifft sie bei der Suche eine alte Nomadin, die ihr eine Legende erzählt: die Geschichte von der Höhle des gelben Hundes.

Preisgekrönter eigener Stil

Filmszene DIE HÖHLE DES GELBEN HUNDES
Eine alte Frau erzählt Nansa die Legende von der Höhle des gelben HundesBild: X Verleih

Was ein wenig wie ein Disney-Märchen klingt, ist ein Film von ganz besonderer Machart: Denn "Die Höhle des gelben Hundes" ist eine Mischung aus Dokumentation und Fiktion. Regisseurin Byambasuren Davaa hat sich mit ihrem Drehteam einer fünfköpfigen mongolischen Nomadenfamilie angeschlossen und lässt in die Schilderung des Nomadenalltags die Erzählung "Die Höhle des gelben Hundes" von Gantuya Lhagva als fiktives Element einfließen. "Das ist so eine ganz eigene Art, Film zu machen, das ist ein eigener Stil", findet Ulrich Maass, der die deutschen Kinofilme für das Filmfest München 2005 ausgesucht hat. Auf dem Festival erhielt Davaa den Regie-Förderpreis des Deutschen Films sowie den Bayern3-Publikumspreis – der Film begeisterte also Jury und Zuschauer gleichermaßen.

Filmszene DIE HÖHLE DES GELBEN HUNDES
Byambasuren DavaaBild: X Verleih

Die aus der Mongolei stammende Regisseurin war schon mit ihrem letzten Film "Die Geschichte vom weinenden Kamel" sehr erfolgreich: Die Dokumentation von der Heilung einer Kamelmutter, die ihr Junges nicht annehmen will, ließ Anfang 2004 die Kino-Kassen klingeln und wurde 2005 sogar für den Oscar nominiert. Dabei ist Byambasuren Davaa gerade mit ihrem Studium an der Münchener Hochschule für Film und Fernsehen fertig: "Die Höhle des gelben Hundes" ist ihre Abschlussarbeit.

Der Reiz des einfachen Lebens

Aufgewachsen ist die Regisseurin zwar in der mongolischen Stadt Ulan Bator, die Sommerferien hat sie aber - ähnlich wie Nansa - bei ihrer Großmutter in einer Jurte, einer Nomaden-Behausung, verbracht. Das mongolische Nomadenleben ist ihr also vertraut: "Was ich bewundere, ist der Respekt der Menschen vor der Natur", sagte Davaa in einem dpa-Gespräch. Für ihren neuen Film sei sie noch einmal ganz bewusst in die Steppe gegangen, weil diese Art des Nomadenlebens nicht mehr allzu lange existieren werde. Die zunehmende Modernisierung macht auch vor der Mongolei nicht halt: So benutzen die Nomaden im Film zum Beispiel buntes Plastikgeschirr - was den Praxistest beim Kochen allerdings nicht übersteht.

Filmszene DIE HÖHLE DES GELBEN HUNDES
Nomadenkinder mit modernem PlüschBild: X Verleih

Gerade das einfache Leben macht den Reiz des Films aus: Laut Ulrich Maass besteht die Faszination an "Die Höhle des gelben Hundes" in der Verbindung zwischen dem ganz einfachen Leben der Nomaden und den Legenden. "Wir, die wir hier hochtechnisiert sind, haben oft eine Sehnsucht nach dem Einfachen", erklärt der Filmexperte. "Die Mongolen sehen es ganz anders als das westliche Publikum", sagt dagegen Davaa, "sie sagen, wie schön, dass du auch unseren Fortschritt zeigst, dass wir Fernseher haben und am Weltgeschehen teilhaben."

Einfaches Leben für das West-Publikum, Fortschritt-Demonstration für die Mongolen – nur die Hollywood-Special-Effects-Fans werden bei dem Film wohl nicht auf ihre Kosten kommen: "Ich denke, es ist ein eigenes Publikum", sagt Ulrich Maass, "nicht das Hollywood-Mainstream-Publikum, sondern eher ein Bildungsbürger-Publikum." Aber es muss ja nicht immer Hollywood im Kino sein.