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Wachsender Widerstand gegen Lukaschenko

Olja Melnik5. März 2006

Europas letzter Diktator wird kurz vor den Präsidentschaftswahlen nervös. Der weißrussische Präsident Lukaschenko geht noch härter gegen die Opposition vor. Seine Position stärkt er damit aber nicht.

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Demonstration der Opposition in MinskBild: AP

Je näher die Präsidentschaftswahl (am 19.3.) rückt, desto skrupelloser werden die Methoden von Aleksander Lukaschenko. Kürzlich beschuldigte der weißrussische Präsident in einer Ansprache vor Vertretern des Innen- und Verteidigungsministeriums die Opposition und den Westen, sein Land unter Druck zu setzen. Der Westen versuche das Wahlergebnis zu manipulieren und bezahle die Opposition für einen Umsturz des Regimes, behauptete Lukaschenko.

Alexander Lukaschenko
Aleksander LukaschenkoBild: AP

"Sollte es dazu kommen, werde ich so hart durchgreifen, dass die aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Der kleinste Versuch, die Lage in meinem Land zu destabilisieren, wird zunichte gemacht. Wir werden denen den Hals umdrehen, die dahinter stecken", drohte er voller Jähzorn in seiner Ansprache, die mehrfach im Staatsfernsehen übertragen wurde. Darauf schwor er Millionen von Zuschauern, die Macht unter keinen Umständen an "Schurken und Abenteurer" abzugeben und kein Blutvergießen auf den Straßen zuzulassen.

Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft

Lukaschenko appellierte an die Sicherheitskräfte, bereits vor Eintreten der Situation zu handeln. Um einem mutmaßlichen militärischen Angriff des Westens widerstehen zu können, setzt Präsident Lukaschenko auf die Stärkung der Armee. Nur für das laufende Jahr wurde der Militär-Etat um ein Viertel erhöht und die Stärke der Armee auf rund 50.000 Mann aufgestockt.

Weißrussland sei zu einem Polizeistaat geworden, bemängelt die Menschenrechtlerin Ludmila Grjasnowa. Nach vorsichtigen Schätzungen kommen auf knapp zehn Millionen Einwohner in Weißrussland rund 130.000 Polizisten. Überall in der Hauptstadt Minsk trifft man Sicherheitskräfte in Uniform, noch häufiger sind aber Beamte in Zivil, die an jeder Ecke "verdächtigen" Personen auflauern. Es habe inzwischen "Tradition", dass Regimekritiker verhaftet werden, sagt Grjasnowa, die die Belarussische Rechtsschutz-Allianz leitet. Die Staatsmacht versuche, Massenprotesten mit Repressionen vorzubeugen. Die Anzahl der Festnahmen ist seit Jahresbeginn deutlich gestiegen. Für sie ein Zeichen von Nervosität: "Lukaschenko sägt damit an dem Ast, auf dem er sitzt. Die Menschen sind von der permanenten Willkür genervt und werden bald darauf entsprechend reagieren", glaubt Grjasnowa.

Enge Vertraute genervt

Eröffnung der Volksversammlung in Weißrußland
Eröffnung der Volksversammlung in MinskBild: AP

Genervt ist nicht nur der Bürger, sondern sogar Mitarbeiter aus Lukaschenkos engster Umgebung. Noch führen sie seine Befehle aus, stehen ihrem autoritären Vorgesetzen jedoch kritisch gegenüber. Sie warten auf einen günstigen Moment, um sich gegen das Regime zu wenden. Noch trauten sie sich nicht, ihren Unmut öffentlich zum Ausdruck zu bringen, sagt Aleksander Feduta, ein ehemaliger Vertrauter Lukaschenkos. Feduta verhalf Lukaschenko vor zwölf Jahren zur Macht. Fünf Monate nach dem glamourösen Sieg des Präsidenten kehrte er Lukaschenko aber den Rücken. "Sein Sieg wurde zu einer Niederlage für die Demokratie, denn der demokratisch gewählte Präsident erschuf eine Diktatur."

Aus seinem früheren Team blieben Lukaschenko nur zwei Kollegen. Ihre Treue zahlte sich aus. Heute bekleiden die beiden hochrangige Positionen in Lukaschenkos Kabinett. Alle anderen Helfer sind ausgestiegen mit. "Lukaschenko ist eine Krankheit der Übergangsperiode, die bald vorüber ist, wenn es zu keinen weiteren Komplikationen kommt. Es ist gut möglich, dass er seine Macht mit Waffengewalt verteidigen wird", sagt Feduta.

Ob es dazu kommt, kann im Moment niemand vorhersagen. Die Opposition bereitet sich jedoch auf den Fall der Fälle vor. Viel Spielraum hat sie dabei nicht. Die Oppositionellen werden bespitzelt, in öffentlichen Kampagnen diskreditiert und zu Haftstrafen verurteilt. Dutzende Politiker sitzen bereits im Gefängnis.