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Unklare Verhältnisse

29. Oktober 2009

Tschechische Sonderwünsche zum Reformvertrag von Lissabon und Fragen des Klimaschutzes stehen auf der Agenda des EU-Gipfels in Brüssel. Informell dürfte es aber auch um wichtige Personalien gehen.

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Tschechiens Präsident Vaclav Klaus (Foto: AP)
Vaclav Klaus, Gegner des Lissabon-VertragsBild: AP

Viele hatten gehofft, das tschechische Verfassungsgericht würde noch vor Gipfelbeginn am Donnerstag (29.10.2009) über den Lissabon-Vertrag entscheiden und den Weg für eine Unterschrift von Präsident Vaclav Klaus ebnen. Doch nach wie vor ist alles unklar. "Wir sind noch nicht soweit", gibt die schwedische Europaministerin Cecilia Malmström zu. "Erstmal muss das tschechische Verfassungsgericht entscheiden, dann müssen wir mit Herrn Klaus und der Regierung reden, um eine Lösung zu finden. Aber natürlich kann nur dann eine Lösung gefunden werden, wenn die anderen 26 Mitgliedsstaaten auch damit leben können."

Damit sind die Forderungen von Präsident Klaus gemeint. Er sagt, er wolle verhindern, dass Vertriebene mithilfe der Grundrechte-Charta des Lissabon-Vertrages Ansprüche gegenüber Tschechien durchsetzen können. Rechtspolitiker haben bisher vergeblich betont, der Lissabon-Vertrag habe damit nicht das Geringste zu tun.

Wichtige Personalentscheidungen

Schwedens Außenminister Carl Bildt (Foto: AP)
Schwedens Außenminister Carl BildtBild: AP

Der schwedische Außenminister Carl Bildt warf Klaus am Montag indirekt vor, er lebe zu sehr in der Vergangenheit: "Die Geschichte der Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg ist eine äußerst schwierige. Aber die EU ist darauf gegründet, sich der Zukunft zuzuwenden", so Bildt. Solange die Staats- und Regierungschefs nicht Klaus' Unterschrift haben, können sie auch nicht die wichtigen Personalentscheidungen treffen, die sich aus dem Reformvertrag ergeben. Es geht um die Besetzung eines ständigen Präsidenten des Europäischen Rats und eines außenpolitischen Repräsentanten.

Informell ist die Suche aber in vollem Gange. Fragt man Personen, die grundsätzlich infrage kommen, etwa Carl Bildt, bekommt man meist einsilbige Reaktionen: "Nein. Ich habe klar gesagt, dass ich kein Kandidat bin, also…nein." Das muss aber nicht unbedingt nein heißen.

Zwei Kandidaten

Jean-Claude Juncker und Tony Blair im Gespräch (Foto: AP)
Die beiden Kandidaten für das Präsidentenamt im Europäischen Rat: Juncker (l.) und BlairBild: AP

Mehr oder wenige offizielle Kandidaten für das Amt des Ratspräsidenten sind der frühere britische Premierminister Tony Blair und der luxemburgische Ministerpräsident und Präsident der Eurogruppe - der Länder, die den Euro als gemeinsame Währung haben – Jean-Claude Juncker. Nach Meinung des christdemokratischen deutschen Europaabgeordneten Werner Langen sind aber beide die falschen für den Posten des Ratspräsidenten, aus ganz unterschiedlichen Gründen. "Er muss aus dem Euroraum kommen. Er muss eine europäische Agenda haben", zählt Langen die nötigen Qualifikationen auf. "Er darf weder zu schwach sein, noch zu stark und zu eigenständig, er muss also ausgleichen können, das ist das Wichtigste. Dafür kommt Herr Blair nicht infrage, und Herr Juncker hat andere Positionen."

Gegen Blair sprechen sich auch Europas Sozialdemokraten aus. Der Fraktionschef der Sozialisten im Europaparlament, Martin Schulz, sagte der "Berliner Zeitung", der künftige Ratspräsident müsse aus einem EU-Land kommen, das die gesamte Politik der Union mittrage - also auch den Euro und den freien Reiseverkehr im Schengen-Raum. Auf Großbritannien treffe dies nicht zu.

Nabelschau der EU

Viele kritisieren unterdessen, dass die EU sich weiter nur um sich selbst dreht und dadurch wichtige Dinge wie der Klimaschutz liegen bleiben. Die EU weiß wenige Wochen vor der Kopenhagener Klimakonferenz noch immer nicht, wie sie ärmeren Ländern beim Klimaschutz helfen soll. Das Thema bleibt jetzt an den Staats- und Regierungschefs hängen. Doch denen rennt ohnehin die Zeit davon. Möglichst zum 1. Januar soll der Lissabon-Vertrag in Kraft treten. Bis dahin muss noch vieles geklärt werden.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Andreas Ziemons / Martin Schrader