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World Wide Nepp – Internetbetrug in Rumänien

Birgit Augustin12. November 2008

Die EU möchte Internetkriminalität wirkungsvoller bekämpfen. Dazu sollen die Mitgliedsländer bei der Strafverfolgung besser zusammenarbeiten. In Rumänien haben es Internetbetrüger derzeit noch zu leicht.

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Ein Mann betrachtet die Ebay-Homepage 11.11.2004/dpa)
Über die Internet-Verkaufsplattform Ebay wurden fiktive Güter versteigert - bezahlt wurde, geliefert nichtBild: Picture-Alliance /dpa

Bogdan Paiu sitzt seit zwei Jahren im Gefängnis – wegen Internetbetruges. Er war einer der ersten in Rumänien, der wegen dieses Deliktes verurteilt wurde. Paiu hat arglosen Menschen in Westeuropa und den USA fiktive Autos verkauft – mit falscher Identität, wechselnder Internetadresse und manipulierten Telefonnummern. „Ab dem Moment, ab dem der Kunde die erste Rate bezahlt hat, wird er weiterzahlen, weil er einfach nicht glauben kann, dass er reingelegt worden ist“, erklärt Paiu seinen Trick. Ob der Kunde dann doch noch aussteige oder weiterzahle, das sei für Paiu nicht weiter wichtig gewesen. „Ich kann so ein fiktives Auto gleichzeitig an zahllose Interessenten verkaufen. Ich musste es nur möglichst preiswert anbieten.“

Die einfachste Variante des Betrugs funktioniert über das Internet-Auktionsportal ebay. Manchmal aber geben die Betrüger auch vor, Autohändler zu sein und offerieren die Wagen über bekannte Internet-Adressen. Alles täuschend echt gemacht – die gefälschte Seite ist nicht vom Original zu unterscheiden. Der Geldtransfer läuft über Überweisungsbüros wie Western Union oder Money Gram. Sobald das Geld in Rumänien eingetroffen ist, verschwindet das Angebot und der Kontakt aus dem Netz.

„Wir sind total überlastet“

Menschen sitzen vor Monitoren in einem Internet-Café
Die Internetbetrüger werden nur selten gefasst - die Anzahl der Ermittler ist zu geringBild: bilderbox

Bodgan Paiu hat seine Beute rechtzeitig vor der Polizei in Sicherheit gebracht. „Es lohnt sich. Mit dem Geld, das ich in nur einem Jahr gemacht habe, kann ich jetzt ein gesamtes Leben sorglos verbringen“, sagt er. „Das reicht sogar für meine Enkel.“ Lange Zeit wurde Internetkriminalität in Rumänien wie ein Kavaliersdelikt behandelt. Jetzt gibt es hin und wieder Razzien. Doch die Polizei kommt mit den Ermittlungen nicht hinterher. Es fehlt an Dienstwagen, technischem Gerät und Personal.

In ganz Rumänien machen gerade mal 50 Ermittler Jagd auf die Internetbetrüger, viele von ihnen neben der normalen Arbeit. Der Kampf scheint verloren, bevor er richtig begonnen hat. „Bei uns hat eine Reorganisation stattgefunden, was sich hoffentlich positiv auf unsere Arbeit auswirken wird“, sagt Mihai Ungureanu. Er ist Leiter der Sondereinheit zur Bekämpfung der Internetkriminalität in Bukarest. Es gebe aber Momente, in denen die Beamten das Gefühl hätten, von der großen Zahl der Akten, die auf ihnen laste, erstickt zu werden. „Jeder von uns ist einfach völlig überlastet.“

Neidische Polizisten

Zwei Wagen stehen auf dem Parkplatz eines Gebrauchtwarenhändlers (05.02.2002/AP)
Manchmal geben die Betrüger vor, Autohändler zu sein und offerieren ihre fiktive Ware über bekannte AdressenBild: AP

Dass die Polizei auf verlorenem Posten kämpft, lässt sich auch in Ramnicu Valcea besichtigen, der Heimatstadt des Internetbetrügers Bogdan Paiu. Während auf der Polizeistation nicht einmal jeder Rechner über einen Internetanschluss verfügt, zeigen die Verbrecher in der Provinzstadt ganz ungehemmt ihren ergaunerten Reichtum. Viele haben in den vergangenen Jahren sehr schnell, sehr viel Geld gemacht. Mit ebenso viel krimineller Energie wie sie den neu gewonnen Reichtum zur Schau stellen: In Ramnicu Valcea kreuzen teure Autos auf den Straßen, ein Shoppingcenter wirbt mit Luxusgeschäften um Kundschaft, gleich ein halbes Dutzend Spielcasinos dient den Betrügern als beliebte Treffpunkte.

Die Polizisten können oft nur zuschauen – auf frischer Tat erwischen sie nur selten jemanden. Der Luxus lässt die jungen Ermittler, die sich von ihrem mageren Gehalt nie ein schickes Auto werden leisten können, nicht unberührt. „Ja, ich empfinde Neid“, gibt ein Polizist zu. „Aber wir haben uns für diesen Weg entschieden. Auf diesem Weg müssen wir weitergehen.“ Bogdan Paiu hat sich auch für einen Weg entschieden und zeigt sich unverbesserlich – er will genau so weitermachen wie bisher. Für das schnelle Geld, findet er, kann man ruhig ein paar Jahre Gefängnis in Kauf nehmen. Sechs Monate noch - dann kommt er wegen guter Führung wieder raus.