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Gewalt gegen Albinos

Veronika Over 25. Oktober 2008

Sie sind weiß mit ganz hellem Haar, und weil sie eine andere Hautfarbe haben, werden sie diskriminiert. In Afrika sind Menschen, die an Albinismus leiden, oft verfolgt und von der Gesellschaft verstoßen.

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Albino-Frauen in Burundi (Quelle: AP)
Albino-Frauen in Burundi -Viele Albinos leben in Furcht vor neuen Morden.Bild: picture-alliance/ dpa

Erst kürzlich wurde ein zehnjähriges Albino-Mädchen in Tansania ermordet und verstümmelt. Denn diese in Afrika lebende Minderheit ist Opfer eines dort verbreiteten Glaubens, der sie zum Zielobjekt von Medizinmännern macht. Tilman Zülch ist Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker. Er erklärt warum weißhäutige Afrikaner in Ost-Afrika verfolgt werden.

Tilman Zülch (Quelle: AP)
Tilman Zülch ist Gründer und Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International

"Es gibt diesen Aberglauben in Tansania, in Kenia und im Kongo. Die dortigen Schamanen haben einen Mythos geschaffen, das Albinos Zauberkräfte haben." Schamanen predigen diesen Glauben, was dazu führe, dass einige Menschen die Albinos überfallen, sie töten, zerhacken und dann Haut, Knochen und Haar für alle möglichen Zaubertränke benutzen.

Diskriminierung

Albinismus ist eine angeborene Störung der Melaninproduktion. Albinos kommen mit gar keinen oder weniger Pigmenten in Haut, Haaren und Augen zur Welt. Doch Medizinmänner in Ost-Afrika glauben, dass ein Zaubertrank mit den Körperteilen von Albinos reich macht. Die tansanische Regierung versucht massiv dagegen vorzugehen, kann aber nicht verhindern, dass Albinos weiter Opfer brutaler Gewalttaten werden.

Die Regierung habe entschieden und vorbildlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf dieses Problem reagiert, sagt Zülch. Es sei zum Beispiel dort üblich, dass Albino-Kinder von Polizisten zur Schule geleitet werden und dass Albino-Familien bewacht werden. Obwohl die Albino-Bevölkerung nur 3000 Individuen im ostafrikanischen Staat zählt, hat der Präsident Tansanias eine Albino-Frau ins Parlament berufen, um das Problem zu bekämpfen.

Trotz der Ankündigung von Tansanias Präsident Jakaya Kikwete, intensiver gegen die Mörder von Albinos vorzugehen, die dem "guten Image des Landes schaden", wird in Tansania weiter Jagd auf Albinos gemacht.

Grausames Geschäft

In Tansania sind allein im Jahr 2007 mindesten 30 an der seltenen Pigmentstörung leidenden Menschen ums Leben gekommen. Im benachbarten Burundi gab es ähnliche Mordfälle. Hauptsächlich Frauen und Kinder sind betroffen. In Afrika leben Albinos und ihre Familien oft am Rande der Gesellschaft.

Medizinmann mit Apotheke in Nairobi (Quelle: DPA)
Aus Menschenteilen brauen Medizinmänner in Ost-Afrika ZaubertränkeBild: picture-alliance/dpa

Einige dieser Überfälle machen durchaus einen gewerbsmäßigen Eindruck, meint Zülch. Natürlich sei Tansania wie auch seine Nachbarländer eine Region, in der ein großer Teil der Bevölkerung sehr stark verarmt sei, und da bilden sich Banden, die daraus ein Geschäft machen.

Besonders groß sind die Gefahren für jene Betroffene, die in ländlichen Gegenden wohnen. Gerade in den Dörfern mangelt es an Bildung und Aufklärung unter der einheimischen Bevölkerung. Dort finden Medizinmänner fruchtbaren Boden für ihre Machenschaften um neue Mythen zu verbreiten. "Bei den Schamanen wird da ein neuer Zauber kreiert, vielleicht auch um mehr Einfluss zu haben unter der Bevölkerung, und diese hat jetzt eben die Albinos getroffen," sagt Zülch.

Vorbilder

Doch es gibt auch Regionen, wo dies nicht der Fall ist. Während des Biafra-Krieges in Nigeria haben Albino-Soldaten neben ihren dunkelhäutigen Genossen gekämpft, ohne dass sie diskriminiert wurden, erklärt Zülch. "Es ist nicht überall so wie in der ostafrikanischen Region. Bildung und Aufklärung unter den Einheimischen sind wirksame Waffen, um den Grausamkeiten an der Albino-Bevölkerung ein Ende zu setzen.

Sänger Salif Keita (Quelle: DPA)
Sänger Salif Keita - er wurde von der eigenen Familie verstoßenBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Der Musiker Salif Keïta ist ein Beispiel dafür, wie es auch anders gehen kann. Nach seiner Geburt verstieß und ächtete ihn seine Familie, weil seine helle Haut als schlechtes Omen galt. Heute ist Keita ein international anerkannter Sänger und Songschreiber und wurde als Botschafter der afrikanischen Pop-Musik bekannt. Er gilt als Kultfigur in seinem Land und Hoffnungsträger für die bedrohte Albino-Bevölkerung.