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Einigung in Simbabwe

Ute Schaeffer16. September 2008

Einen schmerzhaften Kompromiss nennt Oppositionsführer Tsvangirai das Abkommen über eine Einheitsregierung in Simbabwe. Die Wende zum Besseren ist damit jedenfalls noch nicht garantiert. Ute Schaeffer kommentiert.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Fast ein halbes Jahr nach den umstrittenen Wahlen in Simbabwe haben Präsident Robert Mugabe und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai ein historisches Abkommen zur Bildung einer Einheitsregierung unterzeichnet. Der Zeremonie am Montag (15.09.2008) in Harare waren wochenlange Verhandlungen unter Vermittlung Südafrikas vorausgegangen. Aber dass Simbabwe schon bald aus seinem politischen und wirtschaftlichen Elend herauskommt, ist noch nicht ausgemacht. Vor allem die Unterstützung des Westens für die mutige Opposition ist jetzt wichtiger denn je.

Porträt Ute Schaeffer (Foto: DW)
Ute Schaeffer

Die Tinte unter dem Regierungsabkommen für Simbabwe ist noch nicht trocken, da brechen die alten Wunden wieder auf. Kurz nach der Unterzeichnung kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Mugabes und Tsvangirais Anhängern. Oppositionschef Tsvangirai darf sich nun Regierungschef nennen. Mugabe bleibt Präsident. Doch was hat Tsvangirai, was hat die oppositionelle MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) von diesem Amt und von der Vereinbarung? Sie stellt mit 16 Posten etwas mehr als die Hälfte des Ministerkabinetts. Sie stellt die beiden Vize-Regierungschefs und Oppositionschef Tsvangirai ist – immerhin – auch im Sicherheitsrat vertreten.

Opposition von Tsvangirai kaum an der Macht beteiligt

Oberflächlich klingt das gut, tatsächlich aber ist die Opposition an der Macht so gut wie nicht beteiligt. Macht – die haben in Simbabwe auch am Tag Eins nach dem Abkommen die Kader der Einheitspartei ZANU/PF und der greise Diktator Mugabe. Mugabe hat nicht nur das Präsidentenamt inne und über alle Verfassungsfragen die Oberhoheit, er sitzt vor allem auch dem sogenannten JOC vor – dem Joint Operations Command – zu übersetzen vielleicht mit Nationalem Sicherheitsrat. Dieser umfasst Armee, Polizei und die Geheimdienste.

Der Diktator hält die Folterwerkzeuge seiner Macht also noch in der Hand: die überall präsente Einheitspartei, die Spitzel und Schläger aus den Sicherheits- und Geheimdiensten. Zu Recht spricht Oppositionsführer Tsvangirai deshalb von "schmerzhaften Kompromissen".

"Regierung der nationalen Einheit": ein fauler Kompromiss

Es sollte noch einmal daran erinnert werden: Der Opposition hätte der ganze Sieg zugestanden – jedenfalls nach dem Wahlergebnis bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Nun ist ein fauler Kompromiss daraus geworden, eine typisch afrikanische Lösung. Unter dem Etikett "Regierung der nationalen Einheit" wird die alte Rollenverteilung festgeschrieben, welche die Opposition in die zweite Reihe verweist.

Ob die oppositionelle MDC aus dieser eingeschränkten Position heraus eine Politik des Wandels machen kann, erscheint zweifelhaft. Die zentralen Fragen hat das Abkommen nicht gelöst: Wer bekleidet die mächtigen Fachressorts im Ministerkabinett? Wie lässt sich die dringend nötige Verfassungsreform anschieben?

Simbabwe braucht Unterstützung von außen

Solange die Kontrolle über die Geheim- und Sicherheitskräfte bei den alten Kadern liegt, solange wird sich keine Reformpolitik machen lassen. Und solange keine Reformen in Sicht sind, wird sich auch die internationale Gemeinschaft nur zögernd wieder für Simbabwe engagieren. Das haben die abwartenden Reaktionen aus Europa unmittelbar nach der Einigung gezeigt.

Doch Unterstützung von außen braucht das kollabierte Land, um wieder auf die Füße zu kommen; Landwirtschaft und Bergbau würden sich sicher rasch erholen können. Und die mutige Opposition und Zivilgesellschaft in Simbabwe, die sich ihre Meinung auch in einer Diktatur nicht haben nehmen lassen, haben ebenfalls jede Unterstützung von außen verdient, damit Reformen eine Chance haben.

Südafrikas Präsident Mbeki hat mit seiner immensen Geduld als Vermittler einen ersten Kompromiss verhandelt. Nicht mehr und nicht weniger. Die Südafrikanische Staatengemeinschaft und die Afrikanische Union müssen gemeinsam mit Europa nun ein waches Auge darauf haben, dass aus diesem Kompromiss nicht derselbe alte Machtmissbrauch hervorgeht, der Simbabwe in den Ruin getrieben hat.