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Kein schwul-lesbisches Fest im Ramadan?

Samir Huseinovic9. September 2008

In Sarajevo soll das erste "Queer Sarajevo Festival" stattfinden. Die Organisatoren wollen auf Geschichte und moderne Strömungen der Schwulen- und Lesbenszene hinweisen. Die Ankündigung hat jedoch zu Aufsehen geführt.

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Mann als Frau verkleidet(29.05.2008/AP)
In Sarajevo soll das erste "Queer Sarajevo Festival" stattfindenBild: AP

Allein die Ankündigung der ersten großen Veranstaltung von Schwulen und Lesben in Bosnien-Herzegowina sorgte für hitzige Diskussionen. Die Vereinigung "Q", die das Ganze ins Leben gerufen hat, wurde von einigen Medien beschuldigt, sie hätte es absichtlich so geplant, damit das Festival während des Ramadan stattfindet.

"Die Gewaltbereitschaft ist katastrophal"

Goldjunge auf der australischen Schwulen und Lesben Parade in Sydney (2.5.2002/AP)
Die ganze Gesellschaft wird einem Toleranztest unterzogenBild: AP

Einen entsprechenden Sturm von Reaktionen gab es auch im Internet. In manchen Diskussionsforen werden sogar Proteste gegen das Festival angekündigt. Die Vorsitzende der Vereinigung Q, Svetlana Đurkovic, behauptet allerdings, dass der Termin der Veranstaltung bereits im vergangenen Jahr vereinbart wurde. Der Ramadan wäre dabei schlicht übersehen worden.

Und: Provokation sei nicht ihre Absicht, erklärte Svetlana Đurkovic und verweist auf die negativen Auswüchse der aktuellen Diskussion: "Wenn die halbe Stadt etwas dagegen hat, sollen sie doch Petitionen unterschreiben und friedliche Demonstrationen abhalten", sagt sie. "Aber die Gewaltbereitschaft, die in den Foren zu beobachten ist, ist einfach nur katastrophal. Das ist keine angemessene Art der Kommunikation und des Dialogs. Das ist wirklich beunruhigend."

Mentale Behinderung

Der Hauptmediensponsor des Festivals ist das Jugendprogramm des öffentlich-rechtlichen Hörfunks – BH Radio 1. Der verantwortliche Redakteur, Samir Culic meint, dass einige Medien gezielt dazu beigetragen hätten, diese Diskussion anzuheizen.

Zwei homosexuelle Männer, Hand in Hand (28.06.2003/dpa)
Provokation soll nicht ihre Absicht seinBild: picture-alliance/dpa

Solche Journalisten hätten nicht so recht erkannt, worum es bei dem Queer Festival eigentlich geht, meint Culic: "Vielleicht musste so was auch passieren, damit die Öffentlichkeit hier, wie auch diejenigen, die sich an dieser Diskussion jetzt beteiligen, sich endlich über die Veranstaltung ehrlich äußern. So wird die ganze Gesellschaft, in gewisser Weise, einem Toleranztest unterzogen. Vor allem in der Hauptstadt Sarajevo."

Homosexualität als mentale Behinderung?

Über Toleranz wird in Bosnien-Herzegowina oft geredet, im Alltag wird sie aber selten gelebt. So gehören Schwule und Lesben eindeutig zu gesellschaftlichen Randgruppen. Viele in Bosnien-Herzegowina sehen die Homosexualität als eine mentale Behinderung an. Die Meinungen der Bürger Sarajevos gehen allerdings auseinander:

Viele geben an nichts gegen sexuelle Vorlieben von "solchen Leuten" zu haben. Das sei ihre Sache, aber sie sollten es doch bitteschön bei sich Zuhause machen. Andere sind schon das Festival, nur der Termin während des Ramadans sei nicht glücklich gewählt, schließlich könnten die Gefühle der Gläubigen verletzt werden.

Generalprobe für Schwulen-Parade

Muslime beten am "Tag der offenen Moschee" (3.10.2001)
Einige Vertreter der muslimischen Gemeinde haben von einer Provokation gesprochenBild: picture alliance/dpa

Religionsvertreter haben sich noch nicht offiziell zum angekündigten Festival geäußert. Doch inoffiziell haben einige Vertreter der muslimischen Gemeinde von einer Provokation gesprochen. Das Festival sei, nach ihrer Meinung, eine Promotion von Unmoral und von Ideen, die sich nicht mit der Religion vereinbaren lasse. Gleichzeitig verurteilen sie jedoch die Aufrufe zur Gewalt gegen die Schwulen und Lesben.

Das Festival an sich soll eine multimediale Veranstaltung werden, so die Organisatoren. Mit Filmen, Ausstellungen, Performances und Diskussionen, in denen Leute mit andersartigen sexuellen Vorlieben den Bürgern Sarajevos ihre Lebensgeschichten näher bringen wollen. Einige Beobachter sehen das geplante Festival sogar als Generalprobe für den ersten Christopher-Street-Day in Bosnien-Herzegowina.