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Übergriffe

21. August 2008

In Russland nehme die Georgier-Feindlichkeit zu, beklagen Menschenrechtler. Sie fordern Gegenmaßnahmen und eine Strategie gegen mögliche Konflikte mit anderen Volksgruppen innerhalb der Russischen Föderation.

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Passkontrolle in MoskauBild: AP

Der Konflikt in Georgien war Thema eines Treffens im Unabhängigen Pressezentrum in Moskau. Vertreter von Menschenrechtsorganisationen und Minderheitenverbänden warnten vor einer Welle der Georgier-Feindlichkeit in Russland.

Alla Gerber, Leiterin der Holocaust-Stiftung und bekannte russische Menschenrechtlerin, sagte, eine solche Welle müsse gestoppt werden, bevor es zu spät sei. Das sei eine Aufgabe für die Staatsführung und die Zivilgesellschaft. "Unsere Organisation muss sich überlegen, vielleicht unter Beteiligung von Historikern, wie solche Konflikte verhindert werden können. Es müsste genau durchdachte Strategien geben", betonte Gerber.

Übergriffe gegen Georgier

Vor dem Hintergrund des Krieges in Georgien waren in den vergangenen Tagen Georgier in Russland Opfer von Übergriffen geworden. In Moskau wurde ein Mann getötet, den eine Gruppe von Jugendlichen für einen Georgier hielt und nur deswegen überfiel. Es stellte sich allerdings heraus, dass der Mann Aserbaidschaner war.

Der bekannte russische Menschenrechtler Andrej Babuschkin berichtete, auch er habe den Eindruck einer zunehmenden Georgier-Feindlichkeit in Russland gewonnen. Unter Jugendlichen seien Sprüche zu hören, man wolle "Georgier verprügeln". Babuschkin meint, diese Tendenzen müssten von den Rechtschutzorganen eingedämmt werden. Aber in deren Reihen gäbe es leider viele Mitarbeiter, die bereit seien, sich der Verfolgung von Kaukasiern anzuschließen. Dies hätten die Übergriffe auf Kaukasier im Jahr 2006 gezeigt. "Als damals der Weinkrieg gegen Georgien tobte, besuchte ich mehrere Miliz-Dienststellen. Bei fast einem Drittel aller Festgenommenen dort handelte es sich um Menschen georgischer Herkunft", sagte Babuschkin.

Politische Strategien notwendig

Die russischen Menschenrechtler wollen sich nun in einem Offenen Brief an Präsident Dmitrij Medwedjew wenden. In diesem Brief wollen sie ein Konzept für eine Nationalitätenpolitik aus Sicht von Menschenrechtlern vorstellen. Georgien sei kein Einzelfall, hieß es bei dem Treffen in Moskau. In Russland gebe es nach offiziellen Angaben 180 Nationalitäten. Einige dieser so genannten "kleinen Völker" könnten eines Tages Selbstbestimmung verlangen. Darauf müsse man vorbereitet sein. Nationalistische Willkür dürfe auf den Straßen Russlands keinen Platz haben, so die Menschenrechtler.

Jegor Winogradow