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Kontrollierte Religion

Li Shitao21. August 2008

Das Verhältnis zwischen chinesischem Staat und Religion ist schwierig. Zwar gibt es staatlich anerkannte Kirchen, doch ein Großteil der Millionen von Christen in China gehört zu illegalen "Hauskirchen".

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Rotes Banner mit Aufschrift vor einem Kirchengebäude(Foto: AP)
"Der Herr ist auferstanden, halleluja" steht auf dem Banner über dem Eingang dieser staatlichen Kirche in PekingBild: AP

Ortsbesuch in Peking: Der Gottesdienst in einer Familienkirche in der chinesischen Hauptstadt beginnt mit elektrischen Gitarren und Trommeln, sie begleiten christliche Gebete. Knapp zwei Jahre zuvor haben südkoreanische Protestanten bei der Gründung der Kirche geholfen. Im Sommer 2008 hat sie etwa 500 Mitglieder. Jeden Sonntag treffen sie sich zum Gottesdienst in einem Konferenzraum im Norden der chinesischen Hauptstadt.

Ein Gläubiger leitet die Gebete, während die anderen zuhören und mit "Amen" antworten. Im Anschluss werden einzelne Teile der Bibel erklärt und diskutiert. Eine junge Frau namens Cui geht aufs Podium und erzählt von ihren Erfahrungen als freiwillige Helferin in den Erdbebenregionen. Die Frau ist in der atheistischen Atmosphäre in China aufgewachsen.

Vom Staat bezahlte Priester und Bischöfe

In der chinesischen Verfassung ist das Recht auf Religionsfreiheit festgeschrieben. In der Praxis aber sind nur die staatlich kontrollierten Formen religiöser Äußerungen erlaubt. Es gibt zwei offizielle christliche Kirchen. Die katholische patriotische Kirche zum Beispiel ist von Rom völlig unabhängig. Ihre Priester und Bischöfe werden vom Staat ernannt und auch bezahlt.

Viele Christen fühlen sich dadurch in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt und schließen sich zu so genannten Familienkirchen zusammen. Die sind zwar illegal, meist werden sie aber geduldet. Trotzdem werden immer wieder auch Priester dieser Untergrundkirchen verhaftet.

Säkulare Regierung "mischt sich ein"

Zhang Kai gehört der Familienkirche "Zion" an. Er betont, dass der Kern der Glaubensfreiheit in der Trennung zwischen Kirche und Staat liegt. Das bedeute, die säkulare Regierung dürfe sich nicht in das Territorium der Religion einmischen. "Sie hat auch kein Recht zu beurteilen, welche Religion gut und welche schlecht ist", sagt der Christ. "Alles andere bedeutet eine Verletzung der Religionsfreiheit, der Verfassung sowie des säkularen Prinzips."

Zhang Kai arbeitet als Rechtsanwalt. Beruflich vertritt er immer wieder Gläubige, deren Recht auf Glaubensfreiheit verletzt wurde. Sein bekanntester Fall führte ihn in die Provinz Zhejiang. Dort hatte die lokale Polizei die Kapelle einer Untergrundkirche abgerissen. Doch die nicht-staatlichen Kirchen werden auch auf andere Weise unterdrückt.

Steigende Mitgliederzahlen

Die Polizei fordert, dass sich alle Gläubigen beim Betreten der Kirche mit ihren persönlichen Daten anmelden. Aber auch diese Drohung konnte die Gläubigen nicht vom Gottesdienst abschrecken. Im Gegenteil, die Zahl der Kirchenmitglieder nahm noch zu. Mitunter müssen die Organisatoren die Gläubigen sogar in zwei Gruppen teilen, damit alle an dem Gottesdienst teilnehmen können.