1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kaliforniens Klimaschutz

Christina Bergmann12. August 2008

Der US-Bundesstaat Kalifornien ist führend beim Erlassen von Gesetzen, die Energie sparen und für saubere Luft sorgen. Normalerweise spielt die Bundesregierung in Washington mit. Doch nun regt sich dort Widerstand.

https://p.dw.com/p/EuwS
Geländewagen auf Ausstellung (Quelle: dpa)
Schwarzeneggers neue Emissions-Richtlinien sind eine schwierige Hürde für Spritfresser wie diesen HummerBild: picture-alliance/ dpa
US-Autobahnschild (Quelle: AP)
Freie Fahrt bei hohem Verbrauch - wie lange noch?Bild: AP

Weite Highways, grenzenlose Freiheit – entlang den Küstenstraßen Kaliforniens war die uneingeschränkte Mobilität immer auch ein Stück des amerikanischen Traums. Aber die bittere Realität steigender Benzinpreise und wachsender Umweltbelastungen hat inzwischen auch den Sonnenstaat erreicht. 38 Prozent der schädlichen Treibhausgase werden in Kalifornien vom Straßenverkehr verursacht, und zwar vor allem von Autos. Das so genannte Pavley-Gesetz soll Abhilfe bringen. Bob Epstein hat es mit entwickelt und erklärt: "Der wichtigste Aspekt des Pavley-Gesetzes ist, dass es einen Treibhausgasstandard für jedes Fahrzeug festlegt. Es regelt, wie viele Gramm Kohlendioxidausstoß pro gefahrene Meile erlaubt ist."

Beginnend mit dem Modelljahr 2009 sollen die Autohersteller in festgelegten Stufen die Abgaswerte ihrer Autos bis 2016 nach unten senken. Die Auswirkungen bis 2020 wären nach Angaben der kalifornischen Regierung enorm: Die Ersparnis würde den Abgasen von 6,5 Millionen Autos entsprechen. Diese Maßnahme ist Teil eines großen Plans, der die Treibhausgasemissionen in Kalifornien senken soll.

Einmischung des Weißen Hauses?

Porträt einer Frau (Quelle: Calepa)
Linda Adams ist Kaliforniens UmweltschutzministerinBild: CALEPA

In der kalifornischen Hauptstadt Sacramento ist der Blick aus dem 25. Stock des Umweltministeriums an diesem Tag durch den Rauch der vielen Waldbrände getrübt. Umweltschutzministerin Linda Adams ist empört, weil die Bundesbehörde die Genehmigung des Emissionsgesetzes verweigert. Kalifornien habe schon immer eine Vorbildfunktion gehabt, was die Luftreinhaltung angeht und deswegen auch besondere Rechte, sagt sie. "Wenn wir striktere Regeln als die Regierung in Washington festlegen, dann haben wir dafür immer eine Ausnahmegenehmigung bekommen. Die Bundes-Umweltschutzbehörde hat die Führungsrolle von Kalifornien stets anerkannt."

Diese nationale Vorbildfunktion bedeutet auch, dass andere Bundesstaaten die Gesetzgebung des Sonnenstaates übernehmen können. 16 Bundesstaaten haben dies im Falle der Pavley-Richtlinien bereits angekündigt. Weil die Bundesumweltschutzbehörde aber Kalifornien die Ausnahmegenehmigung verweigert, will der US-Kongress den Fall untersuchen. Aber die Regierung in Washington weigert sich, entsprechende Unterlagen herauszugeben, erklärt Ministerin Adams, denn "es gibt den handfesten Vorwurf, dass die Bundesumweltschutzbehörde wusste, dass sie nach der Sachlage Kalifornien die Genehmigung erteilen müssen. Der Vorwurf lautet, dass das Weiße Haus sich eingemischt und die Behörde überstimmt hat."

Kalifornien will das nicht hinnehmen und hat die Bundesbehörde verklagt. Gouverneur Arnold Schwarzenegger verkündete: "Wieder einmal gehen die Bundesstaaten voran, wir warten nicht auf Washington. Und wenn wir unser Ziel erreicht haben, werden wir zeigen, dass Amerika die Führung im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen kann. Wir werden ein Vorbild für den Rest der Welt sein."

Autohersteller wenig enthusiastisch

Mann in Anzug hinter Podium (Quelle: AP)
Schwarzeneggers Kalifornien ist bei der Klimagesetzgebung führendBild: AP

Die Antwort der Autohersteller auf das verstärkte Umweltbewusstsein und die Energiekrise ist zunächst der Hybrid, ein Fahrzeug, das sowohl mit einem Verbrennungs- als auch mit einem Elektromotor angetrieben wird. Bei Toyota, das mit seinem Modell Prius die Mutter aller Hybridfahrzeuge gebaut hat, steht man den kalifornischen Autoabgas-Plänen skeptisch gegenüber. In der Verkaufszentrale im kalifornischen Torrance legt man zwar auch Wert auf Recycling und Abfallvermeidung und ermutigt die Händler zum umweltgerechten Bau ihrer Verkaufsräume. Aber John Hanson, Manager für Umwelt-, Sicherheits- und Qualitätskommunikation sagt, er hoffe auf einen einzigen Grenzwert, auf den Toyota und die meisten Automobilhersteller sich einstellen könnten. Doch "die Initiative Kaliforniens ist ein Flickwerk. Wenn einzelne Staaten Grenzen setzen können, die sich von denen des Bundes unterscheiden, dann bedeutet das ein Problem für die Forschung und Entwicklung der Hersteller, höhere Ausgaben und doppelte Anstrengungen."

Von der Toyota-Flotte würde derzeit nur der Prius die kalifornischen Vorgaben erfüllen. Dabei kommt die Firma mit der Produktion dieses abgasarmen Autos überhaupt nicht hinterher. Die Verkaufszahlen in den USA sind in die Höhe geschossen. Wurden 2003 landesweit knapp 25.000 Prius verkauft, waren es in diesem Jahr allein bis Ende Mai schon über einhunderttausend. Andere Firmen hätten weitaus größere Probleme, sagt Hanson. "Die Konsumenten haben ihr Kaufverhalten sehr schnell von großen zu kleinen Autos geändert. Viele Autohersteller waren darauf nicht vorbereitet. Sie können ihre Produktion nicht plötzlich umstellen. Diese Regeln können also sehr schnell Autoherstellern schaden, bei denen das Geschäft auf der Kippe steht."

Hoffen auf den Regierungswechsel

Palme unter Himmel im Sonnen-Gegenlicht (Quelle: AP)
Der Klimawandel macht sich auch in Kalifornien bemerkbar: In dem Sonnenstaat wird es immer trockenerBild: AP

Wenn sich Kalifornien mit seinen Richtlinien tatsächlich durchsetzt, so Hansen, dann würde seine Firma selbstverständlich versuchen, diese zu erfüllen. Am liebsten wäre dem Toyota-Manager aber dennoch eine bundeseinheitliche Regelung. Deswegen wünscht er sich einen Präsidenten mit einer starken Hand und einer klaren Linie. Eine einfache Lösungen gebe es nicht, sagt Hansen, und sowohl der Demokrat Barack Obama als auch der Republikaner John McCain hätten noch eine Menge zu lernen: "Sie haben kurzfristige Pläne, die Schlagzeilen machen und Stimmen bringen, aber wenn einer von ihnen gewählt wird, dann beginnt die harte Arbeit."

Sowohl Bob Epstein als auch Ministerin Adams sind aber optimistisch, dass sich die Lage mit einem neuen Präsidenten in jedem Fall ändern wird, und zwar in ihrem Sinne. Beide, McCain und Obama hätten schon angedeutet, dass sie auf der Seite Kaliforniens stehen. Und so erwartet die Demokratin Linda Adams keinen langen Weg durch die Gerichtsinstanzen: "Weil die Präsidentschaftswahl so unmittelbar bevorsteht, wird uns wohl der nächste Präsident die Genehmigung erteilen, bevor der Fall vor dem Obersten Gericht landet."

Der Amtswechsel im Weißen Haus bedeutet also in jedem Fall einen Abschied von der Umweltpolitik der Bush-Regierung.