1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eröffnung der Olympischen Spiele mit EU-Ratspräsident Sarkozy

8. August 2008

In Frankreich ist Olympia ein heikles Thema, denn Frankreich stellt die EU-Ratspräsidentschaft. In der Funktion des Ratspräsidenten wird Nicolas Sarkozy an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele teilnehmen.

https://p.dw.com/p/EslG
Demonstrant mit kritischer Beijing Fahne (24.03.2008/AP)
Die Proteste gegen die Eröffnungsfeier sind massivBild: AP

"Herr Präsident, das ist eine Schande. Das ist erbärmlich, zur Eröffnung der Olympischen Spiele zu fahren", so Daniel Cohn-Bendit, Abgeordneter der Grünen im Europäischen Parlament, mit heiserer Stimme in Straßburg. Kurz zuvor hatte Nicolas Sarkozy nach langem Zögern erklärt, der Zeremonie im Pekinger Olympiastadion beizuwohnen. Der französische Präsident hört der emotional vorgetragenen Kritik des grünen Politikers aufmerksam zu, und verteidigt noch einmal seine Entscheidung. Man könne China nicht demütigen und im übrigen fahre er mit dem Einverständnis der gesamten Europäischen Union.

"Ich habe von allen EU-Mitgliedstaaten die Zustimmung erhalten, zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele nach Peking zu fahren", sagte Sarkozy. "Man kann die Welt nicht einteilen in Wohltätige auf der einen Seite und Herzlose auf der anderen. Es gibt aber Staatsmänner und -Frauen, die versuchen, die beste Lösung zu finden."

Sport ist das eine, aber die Politik muss auch auf andere Dinge achten

Der franzoesische Staatspraesident Nicolas Sarkozy bei einem EU-Gipfel in Bruessel (14. März 2008/AP)
Nicolas Sarkozy will nach langem Zögern der Zeremonie im Pekinger Olympiastadion beiwohnenBild: AP

Eine Lösung bestehe auch darin, die Menschenrechte einzufordern. Das verspricht zumindest Sarkozy und fordert Cohn-Bendit auf, ihm eine Liste mit den Namen politischer Gefangenen zu schicken für deren Freilassung er sich in Peking einsetzen will. Ob er das wirklich tun wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Die Teilnahme des Staatschefs an der Feier stößt in der Bevölkerung auf gemischte Reaktionen: Die einen finden es in Ordnung, da Sarkozy schließlich Frankreich repräsentiere und Frankreich auch an den Spielen teilnehme. Andere wiederum sind schockiert und meinen, Sarkozy spreche mit doppelter Zunge. "Denn er hat die Situation in China mehrmals verurteilt. Dann soll er auch nicht hinfahren. Man muss zu seinen Worten stehen", sagt ein Passant in Paris. "In vielen Ländern steht es mit den Menschenrechten nicht zum Besten, nehmen sie Afrika", meint ein anderer. Dass Sarkozy nach Peking fahre, findet er gut. Es gehöre zu seinem Job, mit allen Ländern auf der Welt zu diskutieren und Beziehungen zu unterhalten.

So paradox es klingen mag: Nicolas Sarkozy hat mit seinem zögerlichen "Oui" niemanden zufriedengestellt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen plant zum offiziellen Startschuss der Spiele am Freitag medienwirksame Demonstrationen vor den chinesischen Botschaften, in ganz Europa. Deren Vorsitzender Robert Menard erklärte gegenüber RFI: "Als Sarkozy gewählt wurde, und bereits während seines Wahlkampfes, sagte er immer wieder: Ich werde der Präsident der Menschenrechte sein, die Menschenrechte werden im Mittelpunkt meiner Politik stehen. Er hat eine Gelegenheit verpasst, dass unter Beweis zu stellen."

Kritik aus Europa und China

Die Luftbildaufnahme zeigt das neu erbaute Nationalstadion in Peking, Vogelnest genannt (02.08.2008 /dpa)
In diesem außergewöhnlichen Stahl-Koloss findet die Eröffnungsfeier stattBild: picture-alliance/ dpa

Wütend über Sarkozy sind aber nicht nur die französischen Menschenrechtler, sondern auch die chinesische Regierung. Sie nimmt es dem Elysee-Chef übel, sich erst in letzter Minute für die Reise nach Peking entschieden zu haben. Über die staatliche Zeitung "Daily China" lässt das Regime vermelden, dass nach einer Internet-Umfrage Sarkozy beim chinesischen Volk nicht willkommen sei. Der Präsident versucht derweil, die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Paris und Peking vor der Olympia-Eröffnung nicht zusätzlich zu strapazieren.

So werde nicht er den Dalai-Lama nächste Woche in Frankreich empfangen, sondern Ehefrau Carla Bruni. Die China-Politik zwinge Nicolas Sarkozy zu diplomatischen Spagaten, die durchaus olympische Qualitäten haben, spottete auch die Zeitung Le dauphin libéré aus Grenoble.