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Anschlag auf deutsche Polizisten

6. Juli 2008

Bei einem Anschlag auf deutsche Polizeiausbilder sind in Nordafghanistan mindestens zwei Menschen verletzt worden. Im Süden tötete ein US-Luftangriff mindestens 20 Zivilisten, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.

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Polizeifahrzeug in Kabul (Archivbild), Quelle: dpa
Polizeifahrzeug in Kabul (Archivbild)Bild: picture-alliance /dpa
Deutscher Polizist (r.) mit afghanischen Polizeischülern in Kabul (Quelle: dpa)
Deutscher Polizist (r.) mit afghanischen Polizeischülern in KabulBild: picture-alliance /dpa

Bei einem Anschlag nahe der Stadt Kundus im Norden Afghanistans sind am Sonntagvormittag (06.07.2008) mindestens zwei deutsche Polizeiausbilder leicht verletzt worden. Außer den beiden Verletzten seien noch ein weiterer deutscher Polizist sowie ein afghanischer Übersetzter an Bord eines Patrouillenfahrzeugs gewesen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Unklar war, ob die Polizisten tatsächlich Ziel des Anschlags waren und ob es sich um einen Selbstmordanschlag oder eine Sprengfalle gehandelt habe.

Auch Schulkinder verletzt

Ein Sprecher der europäischen Polizeimission EUPOL vor Ort teilte hingegen mit, alle vier Insassen seien leicht verletzt worden. Demnach handelt es sich bei dem Vorfall um ein Selbstmordattentat. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Kundus, Mohammed Omar, wurden bei dem Anschlag auch drei Schulkinder verletzt.

In Nordafghanistan sind 3000 Soldaten stationiert, Quelle: AP
In Nordafghanistan sind 3000 Soldaten stationiertBild: AP

Der Vorfall habe sich fünf Kilometer südwestlich von Kundus ereignet, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums. Demnach soll am Abend entschieden werden, ob die Verletzten nach Deutschland ausgeflogen werden. Die deutschen Polizisten befanden sich in einem Einsatz im Rahmen der EUPOL-Mission, die der afghanischen Regierung bei dem Aufbau einheimischer Sicherheitskräfte hilft. Omar beschuldigte die radikalislamischen Taliban der Tat. Zunächst bekannte sich jedoch niemand zu dem Anschlag.

Entführer der deutschen Ingenieure getötet

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, forderte nach dem Anschlag bestmöglichen Schutz für deutsche Polizisten in Afghanistan. "Wenn man nicht für ein Höchstmaß an Sicherheit sorgt, dann wird es natürlich schwierig werden, Kollegen freiwillig dort hinzubekommen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Montagsausgabe). Rund 60 deutsche Polizisten sind derzeit als Ausbilder in Afghanistan tätig. Im Norden Afghanistans sind rund im Rahmen der ISAF-Mission 3000 Soldaten der Bundeswehr stationiert.

In Zentral-Afghanistan töteten US-geführte Koalitionstruppen nach offiziellen Angaben unterdessen den Chef einer Entführerbande, die vor knapp einem Jahr zwei deutsche Bauingenieure verschleppt hatte. Der Talibanführer Mullah Nissam sei am Samstag gemeinsam mit zwei anderen Kämpfern in der Provinz Wardak getötet worden, teilte der Chef der Regionalpolizei am Sonntag mit. Ein Talibansprecher bestätigte den Tod Nissams. Die beiden deutschen Ingenieure Rudolf Blechschmidt und Rüdiger D. wurden am 18. Juli 2007 in der Provinz Wardak entführt. Die Geiselnehmer erschossen Rüdiger D. nach einem Kreislaufzusammenbruch. Blechschmidt sowie vier mit ihm entführte Afghanen kamen am 10. Oktober wieder frei. Nach Angaben der Polizei wurden Nissam und seine beiden Anhänger in einem Zelt von einem Hubschrauber der Koalitionstruppen beschossen. Das Kommando der Truppen bestätigte eine Militäraktion in der Region im Süden der Hauptstadt Kabul. Dabei seien "mehrere" Kämpfer getötet worden.

Hochzeitsfeier bombardiert

In der östlichen Provinz Nangarhar kamen am Sonntag nach Angaben örtlicher Behörden mehr als 20 Zivilisten bei einem US-Luftangriff ums Leben, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Der Chef des Distrikts Haska Mena beschuldigte die US-Truppen, eine Hochzeitsfeier bombardiert zu haben. Zuvor hatte der afghanische Präsident Hamid Karsai die Untersuchung eines weiteren US-Luftangriffs in der östlichen Provinz Nuristan angekündigt, bei dem am Freitag 16 Zivilisten ums Leben gekommen sein sollen. Die US-Truppen erklärten, beide Angriffe seien gegen Taliban-Kämpfer gerichtet gewesen.

Zivile Opfer bei Operationen ausländischer Truppen in Afghanistan sorgen in der Bevölkerung für zunehmenden Unmut. Die Regierung in Kabul und die Vereinten Nationen haben die Internationale Schutztruppe ISAF und die US-geführte Koalition mehrfach aufgefordert, vorsichtiger zu agieren. (stu)