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Voll im Trend

Peter Deselaers28. April 2008

Fairtrade bedeutet, dass Produzenten einen gerechten Teil des Verkaufspreises bekommen. Fair gehandelter Kaffee, Bananen und Baumwolle sind in Deutschland beliebt. Aber trotzdem nicht wirklich ein Kassenschlager.

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Die Schauspielerin Marianne Rogée hält einen Einkaufskorb mit fair-gehandelten ProduktenBild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Die deutschen Konsumenten griffen im vergangenen Jahr häufiger zu fair gehandelten Produkten. Insgesamt gaben sie 142 Millionen Euro für Produkte mit Transfair-Siegel aus. Das seien 32 Millionen Euro mehr als 2006, ein Zuwachs um 28 Prozent, erklärte der Verein Transfair in seiner Jahresbilanz. Weltweit sei der Umsatz um 48 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro gestiegen.

Angetrieben wurde das Wachstum vor allem durch frische Produkte wie Bananen, die um 39 Prozent auf 13.600 Tonnen zulegten. Außerdem wurden doppelt so viele fair gehandelte Blumen verkauft wie 2006. Auch Süßwaren und Wein verzeichneten deutliche Zuwächse.

Viele Kantinen, Cateringfirmen und Restaurants wechselten 2007 zu fair gehandeltem Kaffee - der Absatz stieg deswegen um zehn Prozent. Insgesamt wurden in Deutschland 4350 Tonnen Kaffee mit dem Fairtrade-Siegel verkauft.

Garantierter Mindestpreis

Der Transfair-Verein vergibt zusammen mit Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) das blau-grüne Fairtrade-Siegel. Den Produzenten der Waren wird ein Mindestpreis garantiert. Steigt der Weltmarktpreis darüber, bekommen die Produzenten zusätzlich zum ohnehin hohen Weltmarktpreis eine Entwicklungsprämie gezahlt. Pro Jahr und Arbeiter bezahlen die Produzenten für die Zertifizierung zwischen 35 Cent und 35 Euro, bei größeren Organisationen ist der Prüfungs-Aufwand geringer, und deshalb das Siegel günstiger. 1,5 Millionen Arbeiter und Bauern sind Mitglied in den 700 Partnerorganisationen von Fairtrade - 400 Organisationen stehen derzeit auf der Warteliste und werden geprüft.

Bio-Boom stärkt das Geschäft

TransFair - Fairtrade
Dieter Overath präsentiert die erste Info-Kampagne von TransFairBild: TransFair

Fair gehandelte Lebensmittel profitieren auch vom Bio-Boom. Die Nachfrage nach ökologisch nachhaltig produziertem Essen steigt kräftig, und weil drei Viertel der fair gehandelten Waren gleichzeitig auch mit einem Bio-Siegel versehen sind, steigt der Fairtrade-Absatz gleich mit. Um die starke Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln zu befriedigen sei mehr fairer Handel notwendig, sagt Fairtrade-Geschäftsführer Dieter Overath. Die Umstellung auf ökologischen Anbau sei teuer: "Das kostet Beratung, das kostet Know-how und es bringt erst mal Ernteeinbußen mit sich." Die zusätzlichen Einnahmen durch fairen Handel würden von den Produzentengemeinschaften oft in die Bio-Zertifizierung investiert.

Steigende Preise, aber weniger Absatz

Auch wegen der allgemein gestiegenen Lebensmittelpreise sind die Fairtrade-Produkte attraktiver für Verbraucher. Bei Kaffee ist der Abstand zwischen den Produkten mit Siegel und anderen Marken deutlich geschrumpft, oft ist es weniger als ein Euro pro Pfund. Bei Bio-Bananen gibt es keinen Preisunterschied mehr.

Von den hohen Preisen für Agrarprodukte profitieren auch die Hersteller. Allerdings sind die Preise auch deshalb so hoch, weil das Angebot knapp ist, die Bauern haben weniger Ware, die sie anbieten können. Bei manchen Produkten - zum Beispiel bei einigen Kaffeesorten - haben auch die Fairtrade-Händler Probleme die Nachfrage zu decken.

Marktanteil unter zwei Prozent

Aber trotz des Zuwachses bei Käufern und Herstellern: Kaum ein Produkt schafft einen Marktanteil von mehr als zwei Prozent in Deutschland. In Großbritannien, in skandinavischen Ländern und in der Schweiz gibt es Produkte, bei denen mehr als die Hälfte des Marktes fair gehandelt wird. In Deutschland haben es die Fairtrade-Produkte besonders schwierig, sagt Overath: "Es gibt keinen Markt mit einem aggressiveren Preisdruck als Deutschland."

Aggressiver Preiskampf auf dem deutschen Markt

40 Prozent der Lebensmittel in Deutschland werden in Discountern gehandelt. Deswegen führe kein Weg an den Supermarktketten wie Aldi, Lidl und Penny vorbei. Die Discounter drückten allerdings mit einem aggressiven Wettbewerb die Preise nach unten, teilweise unter die Produktionskosten. Overath hofft, dass der Erfolg der Fairtrade-Produkte bei den Verbrauchern die Discounter verändern wird: "Wenn die Konsumten an der Kasse abstimmen, dass das ein Ansatz ist, den sie bevorzugen, und ein Zeichen gegen die Billig-Manie in diesem Lande setzen, dann wird sich auch innerhalb der Discounter etwas ändern."