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Entzug in Afghanistan

Schokria Ahmady28. März 2008

Der Zugang zu Drogen ist in Afghanistan leicht. Der Mohnanbau ist weiterhin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Zahl drogenabhängiger Menschen steigt weiter an, berichtet die deutsche Entwicklungshilfeorganisation GTZ.

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Drogenabhängige in Afghanistan: zwei Männer und ein kleines Kind (Foto: GTZ)
Drogenabhängige in AfghanistanBild: GTZ

Rund eine Million Menschen sind drogenabhängig in Afghanistan. Das hatte das UNDOC, das UN-Büro für Drogen und Verbrechen, in Zusammenarbeit mit der afghanischen Regierung bereits 2005 herausgefunden. Ein Fünftel davon waren Frauen und Kinder. Inzwischen aber - davon gehen viele Hilfsorganisationen und medizinischen Einrichtungen aus - ist die Zahl der drogenabhängigen Menschen stark gestiegen.

Schlechte körperliche und seelische Verfassung

Im Drogenzentrum (Foto: GTZ)
Im Drogenzentrum in KabulBild: GTZ

Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat in Afghanistan fünf Drogenkliniken im gesamten Land errichten lassen: in Kabul, in Qandahar, Herat, Paktia und in Badakhshan. Jeden Monat versuchen hier, knapp 200 Männer und Frauen Hilfe zu finden. Kein leichter Weg, denn Armut, Arbeitslosigkeit und oftmals schlechte körperliche und seelische Verfassung der vom Krieg gezeichneten Menschen sind meist die Ursachen für den Drogenkonsum.

Eine vollständige Behandlungstherapie dauert etwa ein Jahr, berichtet Bayan Shairshah, Leiterin eines Drogen-Rehabilitationszentrum in Kabul. Der erste Schritt besteht aus einem Motivationstraining, das den Patienten auf den Entzug vorbereiten soll. Danach erst beginnt der eigentliche Entzug - die härteste Phase für die Patienten. Die dritte und letzte Phase ist die Rehabilitationsphase, die etwa neun bis zehn Monate dauert.

Männer bleiben in der Klinik, Frauen dürfen nicht

Frauen im Behandlungszentrum in Badakhshan (Foto: GTZ)
Frauen im Behandlungszentrum in BadakhshanBild: GTZ

Je nachdem ob Mann oder Frau – die Behandlungsmethode unterscheidet sich gravierend, berichtet Shairshah. Männer bleiben für etwa einen Monat in der Klinik. Frauen aber dürfen dort gar nicht übernachten - vor allem kulturelle Gründe, Kinder und Haushalt hinderten sie daran, weiß die Ärztin zu berichten. Darum besuchen Mitarbeiter der Klinik die Frauen oft in ihrem Zuhause.

Auch Kinder werden unter Beteiligung der Eltern in der Klinik oder zuhause therapiert, sagt Shairshah. Die schmerzstillende Wirkung der Droge lasse viele Eltern bei der Versorgung der kranken Kinder allerdings zum Opium greifen, weil das Geld für andere Medikamente fehle. Andere Kinder seien schon seit ihrer Geburt drogenabhängig, da ihre Mütter während der Schwangerschaft Drogen konsumiert haben. Es komme auch vor, dass drogenabhängige Eltern ihren Kindern Drogen verabreichen, um sie ruhig zu stellen, erzählt die Ärztin Shairshah.

Schon Kinder sind drogenabhängig

Die Mehrheit der drogenabhängigen Kinder lebt in Nordafghanistan, an der Grenze zu Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan. Die Frauen in diesen Gebieten arbeiten 12 bis 14 Stunden am Tag, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine Familienplanung gibt es dort praktisch nicht, Frauen haben meistens fünf bis sechs Kinder. Die Mütter konsumieren Opium und geben es ihren Kindern, damit sie schneller einschlafen.

Anti-Drogen-Unterricht (Foto: GTZ
Anti Drogen UnterrichtBild: GTZ

Aufklärungsarbeit ist daher ein weiterer Schwerpunkt der deutschen Entwicklungshilfeorganisation. In Schulen, Moscheen und Gemeindeversammlungen werden die Menschen über die Folgen der Drogensucht aufgeklärt. Rund 1000 afghanische Lehrer, Imame und Polizisten werden von GTZ-Mitarbeitern pro Jahr geschult, um den Kampf gegen die Drogenabhängigkeit aufzunehmen.

Hilfsorganisationen: Mehr Entzugskliniken nötig

Nach Angaben der Vereinten Nationen ist Afghanistan immer noch der weltgrößte Produzent von Opium und Heroin - 93 Prozent des weltweit produzierten Opiums kommt aus Afghanistan. Der Drogen- und Kriminalitätsbeauftragte der Vereinten Nationen, Christian Gynna Oguz, fordert deshalb von der afghanischen Regierung drastischere Maßnahmen gegen Drogenanbau. So müsse ein verlässliches Rechtssystem in Afghanistan geschaffen werden, in dem die so genannten Drogenbarone nicht einfach ungestraft Regierungsbeamte bestechen könnten. Mit den Einnahmen aus dem Drogenhandel finanzieren sich nach UN-Erkenntnissen vor allem die Taliban-Rebellen.

Auch viele Hilfsorganisationen und medizinischen Einrichtungen fordern von der afghanischen Regierung ein schärferes Vorgehen gegen den Drogenanbau und mehr Anti-Drogen-Projekte. Die Anzahl der Anti-Drogen-Kampagnen und Drogenentzugskliniken in Afghanistan ist nach Ansicht vieler Experten im Verhältnis zu den drogenabhängigen Menschen zu gering. Sie fürchten, dass die Zahl der Drogenabhängigen weiter steigen wird, wenn die Regierung keine Maßnahmen ergreift.