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Verlängerte Farce

Peter Philipp, zurzeit Teheran14. März 2008

Das iranische Innenministerium verlängerte die Öffnung der Wahllokale um mehrere Stunden - angesichts der "hohen Anzahl begeisterter Wähler", wie es heißt. Peter Philipp beobachtet in Teheran aber Anderes.

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Wer darf`s denn sein? Wahlbroschüre im Iran
Wer darf`s denn sein? Wahlbroschüre im IranBild: AP

Zuerst sollten die Wahllokale um 18 Uhr schließen, dann in Teheran um 19 Uhr, dann im ganzen Land um 20 Uhr, schließlich um 22 Uhr. Eine solche Verlängerung geschieht regelmäßig bei iranischen Wahlen, aber schon bei der letzten Wahl 2004 und auch bei den Präsidentschaftswahlen 2005 traf diese Begründung nicht zu. Vielmehr wollte man damit wohl eher jene mobilisieren, die der Wahl ferngeblieben waren.

Einkauf statt Wahl

Mitglieder der Revolutionären Garden wählen
Mitglieder der Revolutionären Garden wählenBild: AP

Das Heer der Nichtwähler war diesmal wahrscheinlich noch größer als bei den letzten Wahlen. Politischer Frust ist nicht neu im Iran, diesmal aber wurde ein Rekordhoch erreicht - was immer offizielle Erklärungen am Ende des Wahltages auch sagen mögen. Im Teheraner Basar zum Beispiel war am Freitag Hochbetrieb, während nur wenige Meter weiter im Wahllokal der Moschee in der "Straße des 15. Khordad" die Wähler nur eintröpfelten. Die Kauflustigen hatte Wichtigeres zu tun: Im Basar nach Geschenken, Dekoration für das Haus oder neuer Kleidung zu suchen: Das iranische Neujahr ("Nourouz") am 21. März hat die Tradition, dass man sauber macht, aufräumt und neue Sachen anschafft.

Ein neues Parlament steht aber offenbar nicht auf der Prioritätenliste der Basarbesucher. Und auch nicht auf der der Händler. Man braucht gar nicht danach zu fragen, die Auskünfte erhält man unaufgefordert: "Ich gehe nicht wählen", sagt ein junger Batterieverkäufer. Das ist alles schlecht heute und es geht bergab unter diesem Regime. Unter dem Schah - da war das noch alles anders und besser." Seltene Worte, noch dazu von einem, der die Schah-Zeit gar nicht erlebt hat. Ein junger Teppichhändler klagt, dass die Geschäfte schlecht liefen: Es kämen keine Touristen und internationale Lieferungen seien wegen der Bank-Sanktionen erschwert. Und daran sei schließlich die gegenwärtige Politik Teherans Schuld. Wählen will auch er nicht: Das sei doch alles im voraus bestimmt. Was gebe es denn da zu wählen: "Das ist so, als schauten Sie sich bei mir Teppiche an und ich sagte Ihnen, welche Sie kaufen müssen."

Spaß in Dubai

Wahlplakate in Teheran
Wahlplakate in TeheranBild: picture-alliance/ dpa

Die Basaris - die Händler des weltberühmten Teheraner Basars, waren eine wichtige Kraft beim Sturz des Schahs und lange das Rückgrat der Islamischen Republik. Dass angesichts der heutigen Wirtschaftsprobleme hier nicht Opposition entsteht, sei nicht überraschend, erklärt ein Ladenbesitzer, der in Deutschland groß geworden ist und fließend Deutsch spricht: "Solange die Geld verdienen und reich werden, sagen sie nichts. Sehen Sie sich mal die Wohnungen an - alles vom Schicksten und Teuersten, die Autos neu und teuer. Und wenn sie Spaß haben wollen, dann fliegen mal schnell nach Dubai." Den Einwand, er sei doch selbst ein Basari, quittiert der Mann mit einem Grinsen: Es gebe eben "solche und solche". Die Frage aber, ob er bereit sei, seine Meinung auch vor dem Mikrofon zu äußern, kürzt das Gespräch ab: "Wollen Sie mich in Schwierigkeiten bringen?" Sagt's und macht plötzlich einen Kunden aus, dem er sich widmen muss.

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