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Scharfe Kritik an Russland-Wahl

(sus)4. Dezember 2007

Unfair, manipuliert, undemokratisch – so bewertet der Westen die Duma-Wahl in Russland. Nur der französische Präsident Sarkozy gratulierte Putin zu seinem überwältigenden Sieg.

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Russische Frau wirft Stimmzettel in Wahlurne ein
Duma-Wahl: Undemokratisch und manipuliert?Bild: AP
Göran Lennmarker, Präsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE
Bewertet die Wahl als undemokratisch: Göran Lennmarker, Präsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZEBild: AP

Die Wahl sei unfair und von Verletzung demokratischer Grundregeln wie Medien- und Versammlungsfreiheit geprägt gewesen, lautet die Bilanz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zum Verlauf der Duma-Wahl in Russland. Die OSZE hatte eine Delegation von 33 Abgeordneten als Beobachter nach Russland geschickt. Sie sprechen offen von einem "Machtmissbrauch" der russischen Regierung im Wahlkampf. "Es gab eine Vermischung von Regierungs- und Parteistrukturen", teilte die Parlamentarische Versammlung der OSZE mit.

Kritik aus Washington

Auch US-Präsident George W. Bush brachte nach eigenen Angaben in einem Telefongespräch mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin seine Besorgnis über den Verlauf der Parlamentswahl zum Ausdruck gebracht. Bush äußerte sich am Dienstag während einer Pressekonferenz in Washington aber nicht näher zu der Unterredung mit Putin. Washington hatte schon zuvor die russische Regierung aufgefordert, den Manipulationsvorwürfen nachzugehen.

Der Leiter der russischen Wahlkommission wies die Kritik des Auslands zurück. In Großstädten wie Moskau und St. Petersburg hätten am Sonntag Autoabgase die Atmosphäre verschmutzt, sagte Wladimir Tschurow der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti zufolge. Wie die von internationalen Beobachtern bemängelte politische Atmosphäre ausgesehen habe, könne er jedoch nicht sagen.

"Russland war und ist keine Demokratie"

Oppositionelle demonstrieren auf den Straßen in Moskau mit PLakaten und Flaggen
Opposition und Bürgerrechtler sind behindert worden, kritisiert die BundesrepublikBild: AP

Scharfe Kritik am Wahlprozess hat auch die deutsche Bundesregierung geäußert. "Gemessen an unseren Maßstäben und Standards war das keine freie, keine gleiche und keine demokratische Wahl", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag (3.12..2007) in Berlin.

Bereits vor der Abstimmung seien Oppositionsparteien und Bürgerrechtler behindert worden. Einschränkungen von Bürgerrechten wie der Versammlungs- und Pressefreiheit im Vorfeld der Wahl gaben der Bundesregierung Anlass zu Sorge. "Russland war keine Demokratie und ist keine Demokratie", betonte Steg.

Steinmeier fordert Aufklärung

Außenminister Frank-Walter Steinmeier kritisierte, dass es nicht wie in der Vergangenheit eine langfristige Wahlbeobachtung durch OSZE-Vertreter gegeben habe. Zudem hatte die russische Regierung die Zahl der Beobachter stark eingeschränkt. Wie Steinmeier verlangen westliche Beobachter jetzt von Moskau, den Hinweisen auf Wahlbetrug nachzugehen und die Manipulationsvorwürfe aufzuklären.

Wladimir Putin redet in einer Fernsehansprache vor der russischen Flagge sitzend
Weist Manipulationsvorwürfe zurück: Wladimir PutinBild: AP

Russland hingegen hat vermeintliche Demokratiedefizite bei den Dumawahlen energisch zurückgewiesen. "Es ist offensichtlich, dass Beobachter in ihrer Freiheit und der Objektivität ihrer Beurteilungen eingeschränkt sind", meinte Konstantin Kosatschows, Vorsitzender des Duma-Ausschusses für internationale Beziehungen. Die Wahlleitung in Moskau hält die "negative Bewertung" der Wahl seitens des Westens für politisch motiviert.

Trotz der internationalen Kritik am Ausgang der Dumawahl gratulierte der französische Präsident Nicolas Sarkozy dem Kremlchef zu seinem deutlichen Sieg. Nach Moskauer Darstellung hatte Sarkozy in einem Telefonat Putin "herzlich beglückwünscht". Der Élyséepalast hat keine entsprechende Mitteilung herausgegeben. Die regierungsnahe Zeitung "Le Figaro"erhielt jedoch vom Élyséepalast eine Bestätigung für den Glückwunsch. Sarkozys Partei UMP reagierte verlegen auf die Information. Ihr außenpolitischer Experte Axel Poniatowski zog im Rundfunk das Wort "herzlich" im Zusammenhang mit dem Glückwunsch in Zweifel.