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Angriff auf Ausländer

3. Dezember 2007

Rechtsextreme haben bei zwei Überfällen auf Ausländer im ostdeutschen Magdeburg vor Schaulustigen mehrere Menschen verletzt. Unter den Opfern waren auch eine Schwangere und ihre kleine Tochter.

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Stiefel eines Neo-Nazis, Quelle: dpa
Stiefel eines Neo-NazisBild: picture-alliance/dpa

Bei den ausländerfeindlichen Übergriffen sind vier Menschen verletzt worden. Wie die Polizei am Sonntag (02.12.2007) mitteilte, wurde in der Nacht zum 1. Advent in der Innenstadt eine Gruppe Afrikaner angegriffen. Zwei Männer aus dem westafrikanischen Niger und ein Polizist, der einen Angreifer festhalten wollte, seien verletzt worden. Zuvor war am Samstagabend eine schwangere Irakerin mit ihrem Kind in einem Bus geschlagen worden. Dabei wurde die im fünften Monat schwangere Frau am Unterleib verletzt und musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Ihre zweijährige Tochter kam mit dem Schrecken davon.

Unterstützung für die Schläger

Die vier Afrikaner aus Niger, eine 23 Jahre alte Frau und drei Männer im Alter von 25, 27 und 38 Jahren, waren in der Magdeburger Innenstadt vor zahlreichen Schaulustigen von zunächst drei Männern angegriffen worden. Ein Täter habe die Gruppe angerempelt, teilte die Polizei mit. Dann schlugen die Männer zu und riefen ausländerfeindliche Parolen. Im Laufe der Auseinandersetzung gesellten sich mindestens drei weitere Angreifer hinzu. Ein Passant habe die Polizei alarmiert.

Mehrere Polizisten, die zur Hilfe eilten, wurden von der zwischenzeitlich auf sieben oder acht Deutsche angewachsenen Gruppe ebenfalls angegriffen. Dabei wurden laut Polizei zwei festgehaltene Verdächtige wieder befreit. Ein Polizist wurde verletzt, als er versuchte, einen der Täter festzuhalten. Alle Angreifer konnten entkommen. Die Polizei sucht nun nach einem jungen Punker als Zeugen. Er hatte den Angaben zufolge die Afrikaner couragiert verteidigt und war dabei von den Tätern massiv geschlagen und getreten worden.

Beschimpft und beleidigt

Die 20 Jahre alte Irakerin war gegen 22 Uhr mit ihrem zweijährigen Kind im Kinderwagen in Begleitung einer weiteren Frau und dreier Männer aus dem Irak in den Bus gestiegen. Sofort seien sie von einer Gruppe Deutscher beschimpft und beleidigt worden, teilte die Polizei mit. Dann habe ein 30 Jahre alter Mann die Schwangere aufgefordert, Platz zu machen, und ihr unvermittelt ins Gesicht geschlagen. Kurz darauf habe ein 28-Jähriger sie gegen ihren Kinderwagen gestoßen. Ihr Kind blieb den Angaben zufolge unverletzt.

An einer Haltestelle flohen die Angreifer. Die Polizei nahm die beiden Tatverdächtigen kurze Zeit später fest. Am Sonntag seien sie jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden, hieß es. Der Staatsschutz habe in beiden Fällen Ermittlungen unter anderem wegen Volksverhetzung, Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung aufgenommen.

Statistiken zu Neonazi-Gewalt geschönt

Die Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt forderte nach den Übergriffen mehr Zivilcourage von Zeugen. "Niemand muss gegenüber Gewalttätern den Helden spielen. Doch ein Handy hat fast jeder in der Tasche. Es reicht aus, die Polizei zu rufen und sich anschließend als Zeuge zur Verfügung zu stellen", sagte Sprecherin Martina Nees am Montag laut einer Pressemitteilung in Magdeburg. Es sei besorgniserregend, dass es manche Zeugen an einem Mindestmaß an Zivilcourage mangeln ließen, wie zuletzt öfter Fahrgäste in Magdeburger Bussen und Straßenbahnen.

Wenige Tage zuvor war der Direktor des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt (LKA) zurückgetreten, weil seine Behörde Statistiken bei Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund geschönt hatte. Innenminister Holger Hövelmann (SPD) erklärte am Mittwoch (28.11.2007) in Magdeburg, LKA-Chef Frank Hüttemann übernehme damit die Verantwortung für "Fehler in der Kommunikation" zwischen dem LKA und seinem Ministerium. Auslöser für den Rücktritt war, dass das LKA in der vorläufigen Kriminalitätsstatistik für das erste Halbjahr 2007 rund 200 rechtsextreme Propagandastraftaten nicht aufgeführt hatte. Daraus ergab sich nahezu eine Halbierung der registrierten rechtsextremen Delikte. Laut Hövelmann hatte Hüttemann alle Staatsschutzbeamten angewiesen, eindeutig rechte Straftaten, bei denen kein Täter bekannt sei, als nicht politische Delikte einzuordnen. (stu)