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Nobelpreis für Deutschen

10. Oktober 2007

Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an den deutschen Forscher Gerhard Ertl aus Berlin. Damit erhält nach fast zwei Jahrzehnten wieder ein Deutscher den Chemie-Nobelpreis.

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Ausgezeichnetes Geburtstagskind: der Wissenschaftler Gerhard Ertl erhält den Chemie-NobelpreisBild: AP

Ertl erhält die Auszeichnung für seine bahnbrechende Grundlagenforschung im Bereich der Oberflächenchemie. Seine Arbeiten ermöglichten es unter anderem, die Zerstörung der Ozonschicht (10.10.2007) besser zu verstehen, teilte das Nobelkomitee am Mittwoch in Stockholm mit. Seine Studien hätten auch zum Verständnis dazu beigetragen, wie Katalysatoren in Kraftfahrzeugen sowie Brennstoffzellen funktionieren und warum Eisen Rost ansetzt.

Ozonschicht und Katalysatoren

Deutschland Nobelpreis in Chemie an Gerhard Ertl - Katalysator
Dank Ertls Studien verstehen Chemiker besser, wie Katalysatoren funktionierenBild: AP

"Oberflächenchemie kann sogar die Zerstörung der Ozonschicht erklären, da wesentliche Schritte der Reaktion auf den Oberflächen kleiner Eiskristalle in der Stratosphäre stattfinden", erklärte das Nobelpreiskomitee in seiner Begründung. Ertl sei es gelungen, den Ablauf mehrerer wichtiger chemischer Reaktionen auf Oberflächen im Detail zu beschreiben. Damit habe er die Grundlagen für die moderne Oberflächenchemie geschaffen, die vor allem für die chemische Industrie wichtig ist. So seien oberflächenchemische Katalysatoren in vielen industriellen Verfahren ausschlaggebend – unter anderem bei der Herstellung von Kunstdünger.

Der Wissenschaftler, war von der Entscheidung tief gerührt. "Mir kamen die Tränen, das sage ich ihnen ehrlich". Ertl erhielt die Nachricht direkt an seinem 71. Geburtstag. "Das ist natürlich das schönste Geburtstagsgeschenk, das ein Wissenschaftler sich überhaupt vorstellen kann - und dazu noch eine Überraschung, mit der ich heute nicht gerechnet hätte." Er sei immer noch sprachlos. Zwar sei ihm bewusst gewesen, dass er zu den Kandidaten gehört habe, sagte der Wissenschaftler. Trotzdem habe es ihm die Sprache verschlagen, als er erfahren habe, dass er den Preis gewonnen habe. Dies sei die Krönung eines Wissenschaftlerlebens. "Nun plötzlich ist dieser Traum wahr geworden."

Lob für Standort Deutschland

Ertl, der einen Großteil seiner Forschertätigkeit in Hannover, München und Berlin ausübte, hob kurz nach der Entscheidung besonders die Qualität des Forschungsstandorts Deutschlands hervor. "Ich habe hier nie Probleme gehabt. Ich kann auch nicht verstehen, was alles so gejammert wird über mangelndes Geld." Deutschen Forschern gehe es vielfach besser als in den USA. Ertl ist emeritierter Direktor des Fritz Haber Instituts für physikalische Chemie der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin, das er von 1986 bis 2004 leitete.

Gerhard Ertl
Freude nach der Auszeichnung - Nobelpreisträger Gerhard ErtlBild: AP

Eines der Hauptwerke Ertls ist die fünfbändige Enzyklopädie zum Thema "Heterogene Katalyse", ein Standardwerk der Katalysatorforschung. Geboren am 10. Oktober 1936 in Stuttgart-Bad Cannstatt, begann Ertl 1955 das Physikstudium, das ihn von Stuttgart nach Paris und München führte. Seine Doktorarbeit mit dem Titel "Über die Kinetik der katalytischen Oxidation von Wasserstoff an Germanium-Einkristallen" schloss er 1965 in München ab. Danach habilitierte er sich dort mit der "Untersuchung von Oberflächenstrukturen und -reaktionen mittels Beugung langsamer Elektronen."

Von Hannover über Pasadena nach München

Seine erste Professur nahm Gerhard Ertl an der Universität Hannover wahr, 1973 wechselte er dann als Leiter des Instituts für Physikalische Chemie und Elektrochemie an die Ludwig-Maximilians-Universität München. Dieses Amt hatte er bis 1986 inne. Nach mehreren Gastprofessuren in den Vereinigten Staaten, unter anderem am renommierten California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, wurde er 1986 schließlich Leiter der Abteilung für Physikalische Chemie am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin. 1986 erhielt er die Ehrenprofessur der Freien und der Technischen Universität Berlin und 1996 auch die der Humboldt-Universität. Ertl hat zusätzlich fünf Ehrendoktorwürden erhalten. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Der Chemie-Nobelpreis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (1,42 Millionen Euro) dotiert. Im vergangenen Jahr hatte der US-Wissenschaftler Roger Kornberg den Chemie-Nobelpreis erhalten. Am Dienstag war bereits der Deutsche Peter Grünberg mit dem Nobelpreis für Physik geehrt worden; er teilt sich die Auszeichnung mit dem Franzosen Albert Fert für bahnbrechende Arbeit zur Steigerung der Leistungsfähigkeit von Computer-Festplatten. (mg)