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Kosovo-Gespräche: Gedankenspiele für Zukunftsperspektiven

27. September 2007

Wie könnte eine Lösung für den zukünftigen Status des Kosovo aussehen? Im Vorfeld der ersten direkten Gespräche zwischen Serben und Albanern haben deutsche Experten verschiedene Ansätze entwickelt.

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Deutsche Vorschläge für die Zeit danachBild: AP

Um den künftigen Status des Kosovo geht es bei aktuellen Gesprächen in New York. Am Donnerstag (27.9.) haben sich die Außenminister der so genannten Kontaktgruppe (aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Russland und USA) getroffen. Am Freitag (28.9.) leitet die so genannte Kosovo-Troika das erste direkte Gespräch zwischen den Vertretern Serbiens und der Kosovo-Albaner. Das im Juli dieses Jahres ins Leben gerufene Verhandlungsteam aus EU, USA und Russland soll bis zum 10. Dezember den letzten Versuch unternehmen, zwischen Prishtina und Belgrad eine Einigung zu erreichen. Wie und ob es dazu kommen könnte, darüber wird derzeit von Politikern und Experten auch in Deutschland intensiv nachgedacht.

Was die hochrangig besetzten Delegationen am Freitag in New York einander vorschlagen werden, haben sie bereits letzte Woche in London verkündet: Die Kosovaren kommen mit einem "Vertrag über gutnachbarschaftliche Beziehungen" zu Serbien, die Serben hingegen mit einem Plan, wonach Kosovo fast wie ein Staat funktionieren, jedoch keinen UN-Sitz, kein Außenministerium und keine eigene Armee haben soll.

Staaten-Union denkbar

Wie man zwischen diesen beiden diametral entgegengesetzten Positionen einen Berührungspunkt finden kann, darüber hat sich die Stiftung Wissenschaft und Politik Gedanken gemacht. In einem vor kurzem veröffentlichten Diskussionspapier schlägt der Balkan Experte Franz-Lothar Altmann die Bildung einer neuen "Union Serbien Kosovo" vor. Altmann erläuterte gegen über DW-RADIO: "Die Vorstellung ist: zwei unabhängige Staaten. Das hieße auch, dass beide Staaten normale UNO-Vertretung hätten, beide Staaten ein Außenministerium hätten, es geht nur darum, dass sie eine formale Union bilden, eine Union von zwei unabhängigen Staaten."

Ein zweites Dayton?

Zu glauben, dass die Parteien diesen Vorschlag akzeptieren könnten, dazu braucht es viel Optimismus. Denn sie spüren keinen Druck, solange sie mächtige Befürworter ihrer Maximalfoderungen haben: Die USA stehen offen für ein unabhängiges Kosovo, Russland für die Bewahrung der territorialen Integrität Serbiens. Cornelius Adebahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik glaubt, dass es dennoch einen Weg gibt, den Druck auf die Parteien zu erhöhen: Mittels einer geschickten Verhandlungsregie, wie im Jahre 1995 am Ende des Bosnien-Krieges im amerikanischen Dayton. "Die Idee ist, dass man tatsächlich am Ende des Prozesses hingeht und eine Art Klausurverhandlung macht. Die Verhandlungen zum Ende des Krieges in Bosnien wurden am Ende in Dayton geführt, in einem Ort, der abgeschlossen war von der Öffentlichkeit, wo die Konfliktparteien auf einem engen Raum zusammensitzen mussten und die Parteien unter Druck gesetzt wurden, um zu einer Lösung zu kommen", meint Adebahr.

"Selbständigkeit nur unter EU-Begleitung"

Die weniger optimistischen Kommentatoren der deutschen Zeitungen erklären die Gespräche unter der Troika schon jetzt für gescheitert. Die Frage bleibt, wie

die EU sich verhalten wird, wenn nach dem 10. Dezember die USA das Kosovo als unabhängigen Staat anerkennen sollten. Balkan-Experte Altmann schließt nicht aus, dass Großbritannien und Frankreich diesem Schritt folgen könnten. Die EU muss zunächst nur entscheiden, ob sie ihre neue Beobachtungsmission in die Region schickt. "Es würde auch keine Selbständigkeitserklärung des Kosovo erfolgen ohne die gleichzeitige Bitte, dass die EU diesen Vorgang begleitet und unterstützt. Und da sollte die EU, auch mit den Stimmen der jetzt Zögerlichen, sagen: Das tun wir. Das ist im Interesse der Gesamt-EU, nicht nur derjenigen, die zustimmen wollen für die Selbstständigkeit', so Altmann.

Deutschland unterstützt im Prinzip die so genannte beobachtete Unabhängigkeit des Kosovo, will aber den jetzt stattfindenden Gesprächen eine Chance geben.

Anila Shuka
DW-RADIO/Albanisch, 29.9.2007, Fokus Ost-Südost