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Wenn Augen alles sagen

Carolin Weinkopf13. September 2007

Regisseur Christian Petzold erzählt mit "Yella" ein modernes Märchen über Schein und Sein des Kapitalismus. Der aufmerksame Zuschauer wird aber noch viel mehr in diesem Film entdecken. Wenn er sich auf ihn einlässt.

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Nina Hoss als Yella, Quelle: Hans Fromm
'Yella' wird vor allem von den intensiven Blicken der Hauptdarstellerin Nina Hoss getragenBild: Hans Fromm

Yella (Nina Hoss) schließt ab mit ihrer Vergangenheit: Die schöne Frau will ihre ostdeutsche Heimat Wittenberge und ihren brutalen Ehemann Ben (Hinnerk Schönemann) verlassen. Sie geht in den Westen, um jenseits der Elbe ein neues Leben zu beginnen und das alte endlich hinter sich zu lassen.

Ben folgt Yella durch die Straßen von Wittenberge, Quelle: Hans Fromm
Nichts wie weg: Yella kehrt ihrem Mann Ben und ihrer Heimat Wittenberge den RückenBild: Hans Fromm

Über Umwege kommt sie schließlich in Hannover an - doch der Neuanfang nimmt eine für sie unerwartete Wendung. Yella trifft Philip (Devid Striesow), der für eine Private-Equity-Firma arbeitet und wird zu seiner exzellenten wie skrupellosen Assistentin. Wie von selbst gerät Yella in den Sog von Risiko-Kapital und Gewinnoptimierung - in dieser Welt wirkt ihr altes Leben wie eine verblasste Erinnerung.

Nachts jedoch, wenn Yella allein ist, holt ihre Vergangenheit sie immer wieder ein. Geräusche, Schatten, Spuren, Schritte - sie fühlt sich verfolgt von Ben, überall tauchen Fragmente des alten Lebens, vor dem sie geflohen ist, wieder auf. In ihrer Angst flüchtet sich Yella mit sorgloser Hingabe in die Arme Philipps, nur bei ihm fühlt sie sich sicher.

Dem Zuschauer Rätsel aufgeben

Nina Hoss gewann bei der Berlinale in diesem Frühjahr für ihre beeindruckende schauspielerische Leistung in "Yella" den Silbernen Bären. Geheimnisvolle Momente, in denen die Augen alles sagen, machen die Besonderheit und Einzigartigkeit des Films aus. Allein diese intensiven Blicke könnten die Handlung bis hin zur letzten Minute tragen. Sie verraten mehr von der Geschichte als die schnörkellosen Dialoge der Darsteller. Sie brennen sich dem Publikum ins Gedächtnis, lassen es auch nach dem Film nicht los.

Christian Petzold und Hans Fromm bei den Dreharbeiten, Quelle: Christian Schulz
Christian Petzold (Regie) und Hans Fromm (Kamera) bei den Dreharbeiten zu "Yella"Bild: Christian Schulz

"Yella" ist der achte Film von Regisseur Christian Petzold. Nach Geschichten wie "Die innere Sicherheit" (2000) und "Gespenster" (2005) ist das Konzept von "Yella" nicht neu. Petzold bleibt seinem oberflächlich unterkühlten, jedoch unterschwellig hochpoetischen Stil treu. Seine Filme erzählen moderne Märchen von gebrochenen Figuren auf der Suche nach dem Gleichgewicht. Es sind Geschichten, die den Zuschauer gefangen nehmen, ohne dass sie genau aufgelöst werden. Die große Masse wird Petzold mit "Yella" nicht erreichen. Aber das ist auch gar nicht seine Absicht. Seine eigenwillige Außenseiterrolle im Deutschen Film trägt Christian Petzold mit Stolz.