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Dioxin-Alarm in Deutschland

8. August 2007

Bundesländer und Firmen in Deutschland suchen nach Lebensmitteln, die über einen Zusatzstoff aus Indien mit dem gefährlichen Gift Dioxin belastet und teilweise bereits in den Handel gelangt sind.

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Lebensmittelproben im Labor
Lebensmittelproben im Labor (Archivbild)Bild: AP

Zwei Lebensmittelhersteller in Rheinland-Pfalz sind nach Angaben des Mainzer Verbraucherministeriums offenbar mit dem Dioxin belasteten Guakernmehl beliefert worden. Einer der beiden Empfänger erhielt demnach 1,5 Tonnen, von denen 687 Kilo in Lebensmittelvormischungen verarbeitet wurden. Davon wurden 190 Kilo an Kleinabnehmer ausgeliefert. Der zweite Betrieb wurde mit etwa 1,6 Tonnen Guarkernmehl beliefert. "Diese Ware ist bereits komplett verarbeitet. Zurzeit wird geprüft, ob die von der Firma hergestellten Zwischenprodukte eine verbraucherrelevante Belastung aufweisen", erklärte Ministeriumssprecherin Stefanie Mittenzwei am Dienstag (7.8.07). Im Landesuntersuchungsamt gingen dem Ministerium zufolge 17 Proben zur Untersuchung auf Dioxin ein. Erste Ergebnisse sollen in der kommenden Woche vorliegen.

Auch in Brandenburg sind 2000 Tonnen dioxinverseuchtes Fruchtkonzentrat für Lebensmittel sichergestellt worden. Der Grenzwert sei deutlich überschritten worden, hieß es aus dem zuständigen Ministerium. Es seien aber nach jetzigem Kenntnisstand keine Produkte in den Handel gelangt.

Hunderte Tonnen

Eine betroffene Firma in Hessen hat fünf Tonnen belastetes Mehl gestoppt. 240 Tonnen eines guakernhaltigen Zwischenprodukts seien aber an Firmen in Bremen, den Niederlanden, Belgien, Österreich, Luxemburg und Frankreich geliefert. Die Untersuchungen, ob belastetes Mehl in Endprodukten vorkommt, laufen nach Darstellung des hessischen Verbraucherministeriums.

In Baden-Württemberg waren nach Angaben des Ernährungsministeriums bei einem Importeur "mehrere Tausend Kilogramm" des verunreinigten Mehls entdeckt und gesperrt worden. Der Handel wurde angewiesen, alle betroffenen Produkte aus den Regalen zu nehmen.

"Wir gehen davon aus, dass für die Verbraucher keine akute Gesundheitsgefährdung da ist", sagte eine Sprecherin des Bundesverbraucherministeriums in Berlin zu den Verdachtsfällen. "Die Behörden arbeiten mit Hochdruck, um eine lückenlose Aufklärung zu erreichen." Die Lebensmittelfirmen seien aufgefordert worden, belastete Chargen zurückzunehmen.

Aus Indien über die Schweiz nach Deutschland

Das Verdickungsmittel stammt aus Indien und war in der Schweiz verarbeitet worden. Das im Schweizer Kanton Thurgau ansässige Unternehmen Unipektin importiert Guarkernmehl von der indischen Firma India Glycol Ltd. und verarbeitet es weiter.

Nach der Selbstanzeige von Unipektin alarmierten die Schweizer Behörden die EU-Kommission in Brüssel über die Verunreinigung des Verdickungsmittels. In der Schweiz selbst war die Supermarktkette Migros betroffen.

Über das europäische Schnellwarnsystem wurde auch das Bundesverbraucherministerium und die zuständigen Länderbehörden am 25. Juli informiert.

Dioxin verursacht Chlorakne

Das Mehl wird aus den Samen der Guarkernbohne gewonnen. Lebensmittelhersteller verwenden Guarkernmehl in geringen Mengen als Verdickungsmittel E 412 in Fleisch-, Milch-, Dessert- und Feinkostprodukten wie Joghurt, Cremespeisen, Salatsoßen, Ketchup oder Mayonnaise. Das Produkt wird aber auch für Arzneimittel, Kosmetika, Tabakzusatz und in der Papierindustrie benutzt.

Dioxin kann in hohen Dosen eine so genannte Chlorakne verursachen. Das Umweltgift wurde bei einem verheerenden Chemieunfall 1976 im italienischen Seveso erstmals weltweit bekannt. Der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko wurde vermutlich Opfer eines Giftanschlags mit Dioxin. (kas)