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Arbeitslager

Mathias Bölinger11. Mai 2007

Trotz aller Einschüchterungsversuche aus Peking hat der Deutsche Bundestag das Laogai-System in China verurteilt. Eine Sensation - so die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte.

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Spielzeugladen in China
Chinesisches Spielzeug - <br>Made im Arbeitslager?Bild: AP

Laogai bedeutet "Reform durch Arbeit" - gemeint sind damit Arbeitslager ähnlich dem sowjetischen Gulag. Kriminelle, Dissidenten oder sonstige unliebsame Personen werden darin zu harter körperlicher Arbeit gezwungen. Das widerspricht allen Menschenrechtsstandards. Am Donnerstag (10.5.) verabschiedete der Bundestag eine Resolution, die das System verurteilt.

Bis zuletzt hatte die chinesische Botschaft in Berlin versucht, die Resolution gegen das Laogai-System in China zu verhindern. Abgeordnete berichteten, China habe ihnen mit einer massiven Verschlechterung der deutsch-chinesischen Beziehungen gedroht. Aber der Bundestag ließ sich auch vom Hinweis der Chinesen nicht einschüchtern, dass ja bald die nächste Runde des Menschenrechtsdialogs zwischen Berlin und Peking anstehe.

"Zahl der Gefangenen ist ein Staatsgeheimnis"

Menschenrechtler Harry Wu
Menschenrechtler Harry WuBild: DW

Alle Fraktionen außer der Linken stimmten der Resolution zu. Damit ist Deutschland nach den USA das zweite Land, das das Laogai-System verurteilt. Eine positive Entwicklung, findet der chinesische Menschenrechtsaktivist Harry Wu: "Die chinesische Regierung hat immer abgestritten, dass es in China Zwangsarbeit gibt. Je mehr Länder auf der Welt das System verurteilen, desto stärker wird der Druck auf China."

Wu hat selbst 19 Jahre im Arbeitslager verbracht. Seit einigen Jahren leitet er in den USA eine Stiftung, die das Lagersystem dokumentiert. Zwangsarbeit ist ein häufiges Strafmaß für politische Gefangene, aber auch Kriminelle werden in China ins Laogai gebracht. Bis zu vier Jahre Zwangsarbeit kann die Polizei ohne Gerichtsverfahren verhängen. Der Menschenrechtler Wu vermutet, dass zwei Millionen Menschen in den Lagern sitzen. Genau wisse es keiner, denn "die Zahl der Gefangenen und die Zahl der Lager ist seit 1949 ein Staatsgeheimnis."

Schwarze Liste mit Laogai-Produkten

Um Geschäfte mit dem Westen machen zu können, werden die Lager als ganz normale Firmen ausgegeben. Am Vordereingang empfängt man dann unter dem Firmennamen Geschäftskunden, über den Hintereingang werden die Strafgefangenen zur Arbeit gebracht. Dass ein Produkt in Zwangsarbeit hergestellt worden sei, lasse sich nur selten nachweisen, sagt Peter Müller von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Er hofft, dass die Resolution Auswirkungen hat - dass sich zum Beispiel die deutsche Wirtschaft noch energischer dafür einsetzt, dass die Waren, die sie importiert, nicht aus dem Laogai stammen.

So hat sich bereits die deutsche Spielwarenindustrie verpflichtet, künftig darauf zu achten, keine Laogai-Produkte mehr zu importieren. Menschenrechtler fordern aber auch vom Staat, sich stärker gegen den Import von Laogai-Produkten einzusetzen. Vorbild sind hier die USA, wo ein Gesetz die Einfuhr von Produkten verbietet, die in Zwangsarbeit hergestellt worden sind. Wer Laogai-Produkte importiert, macht sich damit strafbar. Die Schwarze Liste der USA erfasst allerdings nur einen winzigen Teil der Laogai-Produkte. Seit 1992 regelt ein Vertrag zwischen den USA und China, dass die Volksrepublik offen legt, welche Produkte in Zwangsarbeit hergestellt wurden. Erfüllt hat sie diese Verpflichtung nie.