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Frankreich nach der Wahl

7. Mai 2007

Der künftige französische Präsident Nicolas Sarkozy bereitet nach seinem Wahltriumph einen Blitzstart im Elysee-Palast vor. Nach der Amtsübernahme am 16. Mai soll die Umsetzung seines Reformprogrammes beginnen.

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Porträtfoto Nicolas Sarkozy
"Die Franzosen erwarten, dass wir schnell handeln."Bild: AP

Der konservative Sieger der Präsidentschaftswahl in Frankreich zog sich am Montag (7.5.07) an einen geheimen Ort zurück, um ungestört seine Regierungsmannschaft zu formen, die auch zur Mitte hin offen sein soll. Der neue Präsident will das Kabinett bereits drei bis vier Tage nach der Amtseinführung am 16. Mai präsentieren.

Sarkozys Kabinett soll 15 Minister umfassen. Als Premierminister
wird Sarkozys Berater Francois Fillon genannt. Als schärfster
Konkurrent für Fillon gilt der bisherige Sozialminister Jean-Louis
Borloo. Er steht für die Öffnung zur Mitte. Als "linker Pol" der
Regierung wird Eric Besson genannt, der im Wahlkampf von den
Sozialisten zu Sarkozy übergetreten war. Der neogaullistische frühere Regierungschef Alain Juppe könnte Außenminister werden. Auch Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie dürfte wieder dem Kabinett angehören. Noch im Mai plant Sarkozy dann einen Gipfel mit den Sozialpartnern, um seine Sozialreformen auf den Weg zu bringen.

Merkel hofft auf neuen Schwung

Fillon kündigte an, Sarkozy werde seine ersten Auslandsreisen als
Präsident nach Brüssel und Berlin unternehmen. Die Bundesregierung und die Parteien erhoffen von der Wahl des Konservativen Sarkozy neuen Schwung in der EU. Vor allem die deutliche Mehrheit für den Nachfolger von Jacques Chirac könne die notwendigen Reformschritte in der EU beschleunigen, hieß es am Montag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Montagmorgen mit Sarkozy telefoniert und ihm zu seinem "großartigen Wahlsieg" gratuliert.

Rekord-Wahlbeteiligung

Ségolène Royal gestand ihre Niederlage ein, will aber weitermachen
Ségolène Royal gestand ihre Niederlage ein, will aber weitermachenBild: AP

Sarkozy gewann die Stichwahl laut vorläufigem Ergebnis mit 53 Prozent der Stimmen. Die sozialistische Kandidatin Ségolène Royal musste dagegen mit 47 Prozent die dritte Niederlage der Linken in Folge bei einer Präsidentenwahl hinnehmen. Nach zwölf Jahren unter Präsident Jacques Chirac wählten die Franzosen mit Sarkozy erneut einen konservativen Staatschef. Der 52-Jährige ist für fünf Jahre gewählt. Die Wahlbeteiligung erreichte mit geschätzten 85 Prozent einen der höchsten Werte in der Geschichte der Fünften Republik.

"Arbeit, Leistung und Autorität"

Sarkozy forderte in einer Rede an die Nation die Menschen auf, "seid großzügig, tolerant, brüderlich". Er versprach seinerseits den Franzosen: "Ich werde euch nicht betrügen, ich werde euch nicht belügen, ich werde euch nicht enttäuschen." Sarkozy erklärte, dass französische Volk habe sich entschieden, "mit Ideen und Gewohnheiten der Vergangenheit zu brechen." Werte wie "Arbeit, Leistung und Autorität" müssten nun betont werden. "Ich werde den Franzosen den Stolz auf Frankreich wiedergeben", sagte der künftige Präsident.

Sarkozy bekräftigte die enge Patnerschaft zu Amerika. Er betonte zugleich, dass er "aufrichtig an Europa" glaube. Sein Berater François Fillon kündigte an, Sarkozy werde "in Brüssel und Deutschland" Vorschläge zur EU machen. Die Franzosen hatte 2005 die EU-Verfassung im Referendum abgelehnt.

"Rolle als Motor"

US-Präsident George W. Bush gratulierte Sarkozy in einem Telefonat. Bush freue sich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten und die Fortsetzung der festen Allianz, erklärte der Pressesprecher des Nationalen Sicherheitsrates. Auch der britische Regierungschef Tony Blair beglückwünschte Sarkozy zum Sieg. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erwartet, dass Sarkozy eine entscheidende Rolle in der Europäischen Union übernehmen werde. Er vertraue darauf, dass Sarkozy eine "Rolle als Motor" übernehmen werde, wenn es um die Frage der Institutionen in der EU und die Festigung der europäischen Politik gehe.

Ökonomen erwarten einen Schub für den deutsch-französischen Handel und mehr Wirtschaftswachstum im Nachbarland. "Der Ausgang der Wahl ist sehr vielversprechend für die Wirtschafts-Beziehungen beider Länder und wird die Dynamik auf der anderen Seite des Rheins wieder herstellen", sagte der Chefvolkswirt der Dresdner Bank/Allianzgruppe, Michael Heise, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Wenn der neue Staatspräsident Nicolas Sarkozy seine angekündigten wirtschafts- und finanzpolitischen Reformen durchsetze, würden der Arbeitsmarkt und der private Konsum davon profitieren.

730 Autos brannten

Nach der Wahl hatten Randalierer in Frankreich bei nächtlichen
Ausschreitungen 730 Autos in Brand gesteckt. 592 Brandstifter und Randalierer seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Auch mehrere Schulen wurden verwüstet. Die Ausschreitungen erinnerten an die Jugendkrawalle in sozialen Brennpunkten im Herbst 2005. (kas)