1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das Papst-Buch

Hajo Goertz17. April 2007

Auf den Bestsellerlisten dürfte wohl bald ein theologisches Buch erscheinen: "Jesus von Nazareth" von Papst Benedikt XVI. In Kirchenkreisen wurde es schon vorab gefeiert. Es gibt aber auch kritische Stimmen.

https://p.dw.com/p/AFpU
Papst Benedict XVI, Quelle: AP Photo
Geburtstagsgeschenk: Papst Benedikt XVI. veröffentlicht ein neues BuchBild: AP

Papst Benedikt XVI. charakterisiert die geistige und moralische Verfassung Deutschlands und des Westens äußerst skeptisch: "Die Bundesrepublik Deutschland teilt mit der ganzen westlichen Welt die Situation einer von der Verweltlichung geprägten Kultur." Gott verschwinde immer mehr aus dem öffentlichen Bewusstsein und die Einzigkeit Christi verblasse.

Das Buch als Kardinal begonnen und als Papst beendet

Der ehemalige Papst Johannes Paul II. (r) begrüßt Joseph Kardinal Ratzinger im Audienzzimmer des Vatikan am 6. Februar 2004. Quelle: KNA/REUTERS/Pool
Begonnen wurde die Arbeit am Buch als Joseph Ratzinger noch Kardinal warBild: PA/dpa

Der Papst will zu einer neuen Gewissheit verhelfen. Dazu hat er sein neues Buch über Jesus von Nazareth geschrieben. Angefangen hat es der Kardinal Joseph Ratzinger am Schreibtisch der Glaubenskongregation, fertig gestellt hat er es im päpstlichen Palast als Benedikt XVI.

Diese Besonderheit hebt Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, hervor. Lehmann präsentierte die deutschen Ausgabe, die gleichzeitig mit einer italienischen und einer polnischen Übersetzung im Buchhandel ist: "In der Tat liegt hier das Überraschende, dass der Papst selbst nicht nur Lehren und Predigten über Jesus Christus in Buchform zusammenstellt." Sondern, dass er ein umfangreiches Werk in mehr oder weniger systematischer Gestalt schreibe und als Buch veröffentliche.

Einführung in das neue Testament

In einer seiner Predigten hat Papst Benedikt angesprochen, worum es ihm in seinem Buch geht: "Wer Gott ist, wissen wir durch Jesus Christus. In die Berührung mit Gott kommen wir durch Jesus Christus." In der Zeit der vielfältigen religiösen Begegnungen seien wir leicht versucht, dieses zentrale Bekenntnis etwas abzuschwächen oder gar zu verstecken. Es sei aber wichtig, dass wir unser Gottesbild ganz und nicht nur bruchstückhaft zur Sprache brächten.

Auf gut 400 Seiten führt der Autor Leserinnen und Leser in das Neue Testament ein. Mit seiner Auslegung der Evangelien, die manche überraschenden Aspekte bietet, will Benedikt XVI. zeigen, wer dieser Jesus von Nazareth zu seinen menschlichen Lebzeiten war und wer er für die Christen bis heute ist. Das Buch ist die Summe eines rund sechs Jahrzehnte währenden theologischen Forschens. Aber es ist kein eigentlich wissenschaftliches Werk.

"Ein begeisterndes Buch"

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Kardinal Lehmann, Quelle: KNA/REUTERS/Pool
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Kardinal Lehmann ist von dem Buch begeistertBild: DW

In geschliffener Sprache will der Papst auch theologische Laien interessieren. Kardinal Lehmann charakterisiert: "Der Papst hat ein sehr umsichtiges und bedächtiges, abgewogenes und feinsinniges, ausgesprochen stilles und nüchtern begeisterndes Buch geschrieben, das viele auf den Weg Jesu mitnehmen möchte und gewiss auch mitnehmen wird." Wer sich darauf einlasse, werde spüren: Das Christentum sei nicht zuerst ein dogmatisch-ethisches System von Glaubenssätzen und Moralvorschriften, sondern eine konkrete Person, die uns in die Nachfolge einlade.

Dennoch darf man von dem Theologieprofessor auf dem Papstthron wissenschaftlichen Standard erwarten. In dieser Hinsicht halten Kritiker, die das Buch bereits studieren konnten, Joseph Ratzinger Fehler vor: Seine Darstellung des Jesus der Evangelien entspreche nicht den Einsichten der historisch-kritischen Bibelwissenschaften.

Über die historisch-kritische Methode hinausgehen

Kardinal Lehmann ahnt, dass sich daran die Auseinandersetzung um das Papstbuch entzünden wird: Es werde ganz gewiss die wissenschaftliche Diskussion der nächsten Monate beschäftigen, "wie Benedikt XVI. versucht und wie weit es ihm gelingt, die historisch-kritische Methode mit ihren Ergebnissen zu respektieren und gleichzeitig aber doch über sie hinauszugehen".

Auch das ist ungewöhnlich: Benedikt betont ausdrücklich, für dieses Buch nicht seine Autorität als Papst in Anspruch zu nehmen, und er lädt dazu ein, ihm gegebenenfalls auch zu widersprechen.