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Knigge beim Check-In

Patrick Tippelt26. Februar 2007

Wenn die legendäre Thai-Freundlichkeit dank des Alltags-Stresses abnimmt, wird sie ihnen kurzerhand eingebläut. Auch wenn sie zu einem bloßen Skelett mutiert. Davon kann mancher ein Lied singen - aber bitte freundlich!

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Der Wai kommt erst später, vielleicht erst an der Rezeption, gewiss aber in der Hotelbar, die dem Gast neben einem atemberaubenden Ausblick auf den Chao-Phraya-Fluss auch perfekten Service bietet. Die Cocktails werden knieend dargeboten von der Servicekraft. Kaum stehen die Gläser auf dem Tisch, legt sie die Handinnenflächen aneinander und vor die verbeugte Brust.

Was Besucher Thailands als ein Symbol thailändischer Gastfreundschaft kennen, bekommen sie nur noch selten zu Gesicht. Was auch nicht auf eine Verrohung der guten Sitten Thailands deutet, sondern just auf die Globalisierung deren Werte. Traditionell war der Farang (Ausländer) sozial höher gestellt als viele Einheimische. Doch dies ändert sich - der Grad des Respekts, der einem westlichen Besucher entgegengebracht wird, hängt direkt mit dessem Verhalten und Gebaren zusammen. Die jungen Rucksack-Reisenden, die in Bars rumlümmeln, haben ihn in den Augen vieler Thais nicht so schnell verdient.

Nur in den luxuriösen Hotels entlang des Chao Phraya-Flusses in Bangkok vergibt man den Wai quasi automatisch. Was auch approbat ist, aber nichts mit wahrer Respekterweisung zu tun hat. Hier wird er sich erkauft.

Gefürchteter Unmut

Da läuft es auf dem Flughafen ganz anders. Wo jemand Tausende von Touristen abfertigen muss, die - gequält von einem Interkontinentalflug - abgekämpft ins Land einreisen wollen, dem kann die Freundlichkeit schon mal abgehen. Allerdings sind die Beamten der Einreisebehörde, die am Bangkoker Flughafen arbeiten, mittlerweile gefürchtet. Sie seien mürrisch und auch mal grob. Nicht wenige, die die Beamten erleben durften, vergleichen sie mit deren deutschen und gar amerikanischen Kollegen, die Legenden der Verdrießlichkeit.

Einen Tag lang freundlich sein

Nun müssen sich alle 1200 Einreisebeamten schulen lassen. In einem eintägigen Persönlichkeitstraining wird 100 von ihnen beigebracht, wie sie zu sitzen und zu stehen haben, wie sie sich kleiden und frisieren sollen, aber vor allem, wie sie jeden Ankommenden begrüßen müssen. Mit einem freundlichen Gesicht, einem traditionellen Wai und einem gesitteten Sawasdee (Willkommen).

Viele der Beamten haben nichts gegen den Benimmkurs, auch wenn sie des öfteren mit seltsamen Problemen konfrontiert werden - so zum Beispiel Besuchern, die länger bleiben, als ihr Visum erlaubt. Touristen, die ihr Ticket oder ihren Pass verloren haben. Oder Ausländern, die eigentlich in Thailand wohnen, aber kein Bleiberecht haben, die alle 30 Tage einen Tag lang ausreisen, um ihr Touristenvisum zu erneuern.

Eine besondere Art von Tourist

Dieser besonderen Spezies von Langzeit-Touristen wird es seit Anfang des Jahres nun richtig schwer gemacht. Sie dürfen nämlich nur zwei Mal direkt wieder einreisen. Danach müssen sie sich 90 Tage lang von Thailand fernhalten. Hier geht Thailand gezielt gegen Leute an, die unerlaubterweise ohne Arbeitsvisum einer Tätigkeit nachgehen. Besonders betroffen sind englische Muttersprachler, die ohne entsprechende Qualifizierung in windigen Sprachschulen lehren.

Thailand wird also Anfang März - wenn die letzten Bangkoker Beamten am Benimmkurs teilgenommen haben werden - an der einen Front freundlicher, während sie an einer anderen härter durchgreift. Ab nun werden wohl so einige des Landes verwiesen werden - wenn auch mit einem Lächeln und einem artigen Gruß.