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Augen auf Europa

Bernd Johann26. Februar 2007

In den vergangenen Monaten war es nicht immer leicht zu erkennen, welche Linie die Ukraine in ihrer Außenpolitik verfolgt. Regierungschef Viktor Janukowitsch sprach darüber mit der Deutschen Welle.

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Viktor Janukowitsch
Viktor Janukowitsch besucht die EU-Ratspräsidentin Angela Merkel in BerlinBild: AP

Ein Kompetenzstreit zwischen Staatspräsident Viktor Juschtschenko und Regierungschef Viktor Janukowitsch beherrscht die politische Diskussion in Kiew. Hinzu kommt Enttäuschung in der Ukraine, dass das Land von der Europäischen Union (EU) keine konkrete Beitrittsperspektive erhalten hat. Stattdessen wurden Verhandlungen über ein erweitertes Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und der Ukraine eingeleitet.

Janukowitsch beim Interview der Deutschen Welle, Quelle: DW
Janukowitsch beim Interview der Deutschen WelleBild: DW

Kurz vor seinem Berlin-Besuch (27. und 28.2.07) erklärte Janukowitsch im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Wir verstehen die Position unserer europäischen Partner und von Bundeskanzlerin Merkel. Zugleich ist uns klar, dass von unserer Seite konkrete Handlungen notwendig sind, um sich in die EU integrieren zu können. Es geht nicht um Schlagworte und politische Deklarationen. Dafür brauchen wir Zeit. Wir sind der Auffassung, dass nur Reformen im Bereich der Wirtschaft, Gesetzgebung, im Justizwesen, in der Verwaltung und die Verbesserung des Lebensstandards unserer Bürger dazu beitragen, dass die Ukraine sich allmählich der EU nähert."

Fortsetzung der Reformen

Aufmerksamkeit müsse jetzt vor allem der Ausarbeitung des neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit der EU geschenkt werden. "Ich bin der Auffassung, dieses Abkommen wird der Grundstein für die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine sein. Wir sind bereit, die erste Runde der Verhandlungen mit unseren europäischen Nachbarn schon Anfang März zu führen. Wir rechnen mit Unterstützung von der deutschen Seite. Der erste Schritt und wichtigste Bestandteil dieses neuen Abkommens sollte die Schaffung einer umfassenden Freihandelszone sein."

Eine Voraussetzung für diese Freihandelszone ist der Beitritt der Ukraine zur Welthandelsorganisation. Die Entscheidung darüber wird noch in der ersten Jahreshälfte erwartet. Janukowitsch weist darauf hin, dass die Ukraine alle notwendigen Gesetze verabschiedet habe. In Bezug auf das Partnerschaftsabkommen mit der EU erwartet der Ministerpräsident darüber hinaus: "Wir rechnen damit, das die Parameter des Abkommens deutlich den Integrationsprozess der Ukraine in Richtung EU darstellen werden. Das Abkommen sollte auch Erleichterungen im Visa-Regime vorsehen sowie die Bekämpfung der illegalen Migration und Kriminalität und natürlich auch die Kooperation im Bereich der Wirtschaft und des Handels."

Schrankenwärter für russisches Öl

Ein wichtiges Thema des Gespräches mit Merkel wird wohl die Energiesicherheit sein. Ein Konflikt um Gaspreise hatte noch vor einem Jahr zu schweren Verstimmungen in den Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine geführt und in der EU große Besorgnis ausgelöst.

Viktor Janukowitsch will sein Land als zuverlässiger Partner für den Transit von Energie nach Europa präsentieren. Er setzt auf gemeinsame Projekte zwischen der Ukraine, Russland und der Europäischen Union: "Vieles in dieser Frage hängt davon ab, wie die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland verlaufen. Wir können und müssen dazu beitragen, dass die Bemühungen Russlands und Europas zur Sicherheit der Energieversorgung vereint werden und mehr Energieträger auf die europäischen Märkte kommen."

Vorschlag für Deutschland

Ungeduldig auf Entscheidungen von Seiten der EU wartet der ukrainische Regierungschef hinsichtlich der Erdöl-Pipeline zwischen Odessa und Brody, die bis nach Danzig an der Ostsee ausgebaut werden könnte. Janukowitsch kritisiert, dass hierzu noch keine konkrete Antwort von der EU vorliege: "Wir haben dafür unsere Vorschläge unterbreitet. Sie sind in vielen Dokumenten enthalten. Darauf muss die Europäische Union eine Antwort geben. Wir erwarten das. Außerdem sind wir bereit, zusammen mit der EU ein Gespräch mit den Ländern des Kaspischen Raums zu führen, was die Bestimmung des Volumens der Erdöl-Lieferungen angeht. Die Ukraine wartet seit vielen Jahren auf Antwort auf diese Vorschläge."

Doch neben Kritik hat Janukowitsch auch einen neuen Vorschlag. Deutschland könne sich am Bau einer Erdgas-Pipeline von der ukrainisch-russischen Grenze ins westukrainische Uschgorod beteiligen, schlägt er vor. Von dort aus könne das Gas über die Slowakei zu den übrigen europäischen Märkten transportiert werden. Der Umfang der Energielieferungen aus Russland könne so erheblich aufgestockt werden.