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Abtreibungsgesetz

Suzanne Krause16. Februar 2007

Ja, zur Abtreibung: Mit knapper Mehrheit haben die Portugiesen vor einer Woche für eine Reform des Abtreibungsgesetzes gestimmt. Frankreich hat schon lange eines der liberalsten Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch.

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Untersuchung bei einer Gynäkologin
Neues Abtreibungsgesetz für PortugalBild: picture-alliance/ dpa

In Portugal soll bald die Abtreibung bis zur 10. Schwangerschaftswoche straffrei sein, kündigt die Regierung an. In Frankreich ist dies seit 1975 möglich, nach hartem, jahrelangem Kampf der Frauenbewegung. Im Abtreibungsrecht, nach der damaligen Gesundheitsministerin Veil benannt, ist verankert, dass allein eine ungewollt Schwangere zu entscheiden hat, ob sie das Kind behalten möchte oder nicht, und dass jedes größere Krankenhaus einen speziellen Dienst für Abtreibungen unterhalten muss.

Überlasung der Kapazitäten

Bei einer Reform des Veil-Gesetzes 2001 wurde die Abtreibungsfrist von zehn auf zwölf Wochen ausgedehnt. Seither brauchen auch Minderjährige für den Eingriff nicht mehr unbedingt die elterliche Erlaubnis, die Abtreibung gilt als Grundrecht für die Frauen. Damit verfügt Frankreich über eines des liberalsten Gesetze in Europa. Theoretisch. In der alltäglichen Praxis ist es um das verbriefte Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung längst nicht so rosig bestellt. "Es gibt viele Krankenhäuser, wo das Personal in den Abtreibungszentren so knapp ist, dass in der Feriensaison die gesamte Planung zusammenbricht und die Warteschlangen für die Frauen immer länger werden", berichtet Françoise Laurant, Präsidentin der Familienplanungsorganisation Mouvement français pour le planning familiale. Dann passiere es schnell, dass die Frau über die legale Frist hinaus sei. Teilweise sage man ihr dann: Sie könne nun noch in Holland oder Spanien abtreiben lassen, sagt Françoise Laurant . "Oft aber sagt das Personal der Hilfesuchenden: sehen Sie zu, wie Sie klarkommen!"

Ärzte aus der Frauenbewegung

Wenn ein Abtreibungszentrum gut funktioniert, hängt dies fast immer vom persönlichen Engagement eines Arztes ab. Die Ärzte wissen oft noch, wie viele ungewollt Schwangere früher bei heimlichen Abtreibungen verbluteten oder chronisch krank geworden sind. "Von den Ärzten, die heute in den Abtreibungszentren tätig sind, waren viele bei der Frauenbewegung in den 1970iger Jahren aktiv, als sie Medizin studierten", erklärt Françoise Laurant. Heute stünden diese Leute knapp vor der Rente. "In einigen Regionen im Land haben wir mal untersucht, was in zwei, drei Jahren los sein wird. Es wird dramatisch werden, denn dann wird es dort keine Ärzte mehr geben, die bereit sind, Abtreibungen durchzuführen."

Düstere Aussichten

Eine Medizinstudentin hat in ihrer Doktorarbeit kürzlich untersucht, wie viel Raum den Themen Abtreibung und Verhütung im Studium gewidmet ist. Das Ergebnis ist ernüchternd: dazu mangelt es vehement an Informationen in den Ausbildungsprogrammen. Und der Nachwuchs kann heute nicht mehr nachvollziehen, wie groß das Leid der Frauen war, bevor die Abtreibung erlaubt wurde.

Weitere Informationen zu Frankreich finden Sie hier!

Der Dienst im Abtreibungszentrum ist schlecht angesehen, schlecht bezahlt - kurzum: ohne Anreiz für den Nachwuchs. Ende der 1990-er Jahre mehrten sich in Frankreich, ganz nach dem Vorbild der amerikanischen Pro-life-Bewegung, Kommando-Aktionen gegen Abtreibungen: Militante so genannte Lebensschützer beschimpften Frauen, die zum Abbruch kamen, ketteten sich im Operationssaal an, belästigten das Personal. Störaktionen, die ab 1993 gesetzlich unter Strafe gestellt wurden. Heute setzen die so genannten Lebensschützer auf politische Lobbyarbeit und versuchen bei jeder Gelegenheit, bis hin in die EU, Ungeborenen einen juristischen Status und damit ein Lebensrecht zu erstreiten - gegen das Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung.

Für dieses Recht kämpft die Frauenbewegung nicht nur in Frankreich weiterhin. Polen dient dabei als abschreckendes Beispiel: 40 Jahre lang war hier die Abtreibung erlaubt. Heute ist sie nur in Ausnahmefällen gestattet und die Regierung kündigt das totale Verbot an.