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Pro Liberalisierung

12. Februar 2007

Bei der Volksabstimmung in Portugal votierte eine Mehrheit gegen die bisherigen strengen Abtreibungsgesetze. Die Regierung will sich an das Votum halten - obwohl die Teilnahme an der Abstimmung zu gering war.

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Zettel mit "sim" / portug. "Ja"
Befürworter der Liberalisierung verteilten vor dem Referendum Werbung für ein "Ja"Bild: AP

Bei dem Referendum am Sonntag (11.02.2007) stimmten laut vorläufigem Endergebnis 59,3 Prozent der Teilnehmer für eine Lockerung der geltenden Gesetze. Danach sollen Schwangerschaftsabbrüche künftig bis zur zehnten Woche straffrei sein. 40,7 Prozent stimmten gegen die Reform. Es war die zweite Volksabstimmung in weniger als neun Jahren in Portugal über das Abtreibungsrecht.

Regierung plant Gesetzesänderung

Die Beteiligung an der Abstimmung lag nur bei 43,6 Prozent. Nach portugiesischem Recht ist das Ergebnis eines Referendums deshalb für den Gesetzgeber nicht bindend. Dies wäre erst ab einer Beteiligung von mehr als 50 Prozent der Fall. Der sozialistische Regierungschef José Socrates hatte angekündigt, dass er sich auch bei einer zu geringen Beteiligung an das Ergebnis halten wolle. "Abtreibungen werden in Portugal keine Verbrechen mehr sein", sagte Socrates. "Wir sollten nun ein Gesetz verabschieden, das den Ausgang des Referendums berücksichtigt." Die Sozialisten hatten ihre Forderung nach der Einführung einer Fristenregelung damit begründet, dass auf Grund der derzeitigen Regelung pro Jahr über 20.000 Portugiesinnen sich gezwungen sähen, illegal abzutreiben. Dies sei eine "nationale Schande", sagte der Regierungschef.

Die liberal-konservative Oppositionspartei PSD (Sozialdemokraten) hatte beim Referendum keine Position bezogen. Ihr Parteichef Luis Marques Mendes erklärte: "Auch wenn das Referendum nicht bindend ist, wäre es legitim, eine Änderung der Abtreibungsgesetze zu beschließen."

1998 erzielten Liberalisierungsgegner Mehrheit

Derzeit ist in Portugal eine Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche lediglich nach einer Vergewaltigung, bei Gefahr für das Leben der Mutter oder im Fall einer Missbildung des Fötus erlaubt.

Bei dem Referendum von 1998 fiel die Abstimmung mit 50,7 Prozent knapp zugunsten der Gegner einer Lockerung aus. Mit einer Beteiligung von nur 32 Prozent der Wahlberechtigten hatte das Ergebnis jedoch keine bindende Wirkung.

Drohung mit Exkommunikation

In den vergangenen Wochen hatten sich Gegner und Befürworter einer Fristenlösung heftige Debatten geliefert. Die katholische Kirche unterstützte entschieden das Lager der Gegner einer Fristenlösung. Einige Geistliche drohten ihren Gläubigen gar mit automatischer Exkommunikation, sollten sie mit Ja votieren.

Seit 1997 wurden in Portugal 37 Frauen wegen illegaler Abtreibung vor Gericht gebracht. 17 wurden verurteilt, kamen jedoch mit Geldstrafen oder Bewährungsstrafen davon. Organisationen von Abtreibungsbefürwortern gehen davon aus, dass in Portugal jährlich 10.000 Frauen wegen Komplikationen durch unprofessionell ausgeführte, illegale Abtreibungen ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen.

Polen, Irland, Malta

Portugal gehört bisher zusammen mit Polen, Irland und Malta zu den Ländern mit den strengsten Abtreibungsgesetzen in Europa. Schwangerschaftsabbrüche sind dort zurzeit nur erlaubt, wenn eine Frau vergewaltigt wurde, ihr Leben in Gefahr ist oder das Kind schwer behindert zur Welt kommen würde. (mas)