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Saddam hingerichtet

30. Dezember 2006

Der ehemalige irakische Präsident Saddam Hussein ist am Samstag um 6 Uhr Ortszeit in Bagdad hingerichtet worden. Er starb durch den Strang. Während Schiiten im Irak den Tod feierten, kam aus dem Ausland Kritik.

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Saddam Hussein mit einem Galgen um den Hals (Quelle: AP)
Das irakische Fernsehen zeigte die Hinrichtung bis zu dieser StelleBild: AP

Wenige Stunden nach der Hinrichtung sendete das irakische Staatsfernsehen Al-Irakija Videobilder von der Exekution. Darauf ist zu sehen, wie zwei Männer mit Henkersmasken Saddam ein schwarzes Tuch um den Hals binden und ihn dann mit auf dem Rücken gefesselten Händen in einen Raum zum Galgen führen. Die Männer legen Saddam eine Schlinge um den Kopf. Er wirkt gefasst und nachdenklich. Die Hinrichtung selbst wurde nicht gezeigt. Wenig später wurden allerdings Bilder von der Leiche gezeigt. Der Mann, der von den Sendern Massar und Biladi als Saddam Hussein identifiziert wurde, lag bekleidet mit einem weißen Hemd auf einer Bahre. Hussein war wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tod verurteilt worden.

Entgegen ersten Berichten fand die erwartete Exekution des Halbbruders Saddams und eines Ex-Richters noch nicht statt.

Gespannte Lage

Irakische Schiiten feierten den Tod Saddams. Sie strömten in der Stadt Nadschaf und im Bagdader Stadtviertel Sadr City auf die Straßen und tanzten vor Freude. Viele Autofahrer begrüßten die Nachricht mit lautem Hupen. Die US-Truppen waren in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Jubel nach der Hinrichtung in Sadr City (Quelle: AP)
Jubel nach der Hinrichtung in Sadr CityBild: AP

In Saddams Heimatort Tikrit kam es zu kleineren Protestkundgebungen seiner Anhängern. In der Stadt rund 175 Kilometer nördlich Bagdads herrscht seit Samstag (30.12.2006) eine viertägige Ausgangssperre anlässlich des islamischen Opferfestes Eid Al-Adha.

Unterdessen wurden bei einem Bombenanschlag auf einen Markt in Kufa, 160 Kilometer südlich der Hauptstadt 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Den Angaben zufolge detonierte eine Autobombe auf einem belebten Markt. Unklar war, ob die Tat im Zusammenhang mit der Hinrichtung wenige Stunden zuvor steht.

Bush: "Wichtiger Meilenstein"

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki forderte die Anhänger des hingerichteten Saddam Hussein auf, sich an der politischen Neuordnung des Landes zu beteiligen. "Ich rufe die Anhänger des gestürzten Regimes auf, ihre Haltung zu überdenken", hieß es in der ersten Erklärung Malikis nach der Hinrichtung des ehemaligen Diktators. "Die Tür steht noch immer für alle offen, die kein unschuldiges Blut an den Händen haben, beim Wiederaufbau des Iraks für alle Iraker zu helfen."

US-Präsident George W. Bush bezeichnete die Hinrichtung als "wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer irakischen Demokratie". Die Vollstreckung des Todesurteils komme am Ende eines schwierigen Jahres für das irakische Volk und für die US-Truppen. Er warnte jedoch, dass dieser Schritt nicht die Gewalt im Land beenden werde.

Der Iran nannte die Hinrichtung einen "Sieg für das irakische Volk". Der stellvertretende Außenminister Hamid-Resa Assefi sagte der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA, "die Exekution Saddam Husseins ist ein Sieg für das irakische Volk und kein anderes Land sollte sich diese zuschreiben". Der Vizeaußenminister kritisierte allerdings die rasche Exekution und meinte, dahinter könnte die Absicht der USA stehen, die Verfahren gegen Saddam zu beenden. Untersuchungen der irakischen Invasion des Irans 1980 und Kuwaits 1990 hätten möglicherweise noch eine amerikanische Verwicklung in die Verbrechen Saddams ans Tageslicht bringen können.

Ablehnung der Todesstrafe

Die finnische EU-Ratspräsidentschaft erinnerte nach der Hinrichtung an die grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe in der Europäischen Union. Sie hätte auch in diesem Fall nicht angewendet werden sollen, in dem es keine Zweifel an der Schuld des früheren irakischen Präsidenten wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen gegeben habe, erklärte Außenminister Erkki Tuomioja. Auch gegen das Gerichtsverfahren gebe es ernsthafte Einwände, sagte der Minister, ohne dies auszuführen.

Die deutsche Bundesregierung unterstrich nach der Hinrichtung ihre grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe. "Die Bundesregierung lehnt, ebenso wie die Europäische Union, die Todesstrafe grundsätzlich ab - gleich unter welchen Bedingungen", erklärte das Auswärtige Amt in Berlin in einer offiziellen Stellungnahme. Für eine bessere Zukunft der Irakerinnen und Iraker werde es entscheidend darauf ankommen, alle Teile der irakischen Gesellschaft ungeachtet ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit zusammenzubringen.

Die britische Außenministerin Margaret Beckett sagte, Saddam Hussein habe "bezahlt". Sie sei froh, dass er von einem irakischen Gericht wenigstens für einige der schrecklichen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden sei, die er am irakischen Volk begangen habe. Die britische Regierung respektiere die Entscheidung der Iraker, wenngleich sie selbst die Todesstrafe ablehne.

Das französische Außenministerium rief die Iraker auf, nun in die Zukunft zu blicken. Frankreich rufe alle Iraker auf, an der Wiederversöhnung und der nationalen Einheit zu arbeiten, hieß es in einer Erklärung. Mehr als jemals zuvor müsse das Ziel sein, zur vollen Souveränität und Stabilität des Iraks zurückzukehren. Auch Frankreich bekräftigte seine Ablehnung der Todesstrafe. Dies sei jedoch die Entscheidung des Volkes und der irakischen Behörden.

Der Vatikan verurteilte die Hinrichtung. Sprecher Frederico Lombardi bezeichnete es als tragisch, dass der frühere irakische Präsident gehängt worden sei. Dieser Schritt werde nicht dabei helfen, die irakische Gesellschaft zu versöhnen oder ihr Gerechtigkeit zu verschaffen.

Anonyme Beisetzung?

Saddam Hussein war am 5. November im Prozess um ein Massaker 1982 in der Ortschaft Dudschail zum Tode verurteilt worden. In Dudschail wurden 148 Schiiten offenbar als Vergeltung für einen Attentatsversuch auf Saddam Hussein getötet. Das Verfahren begann bald nach der Gefangennahme Saddam Husseins im Dezember 2003.

Wie Anwalt Curtis Doebbler dem US-Sender CNN sagte, wolle die irakische Regierung den Leichnam Saddams nicht der Familie übergeben, sondern in einem anonymen Grab beisetzen. Dagegen forderte eine Tochter Saddams die vorübergehende Beisetzung im Jemen. Wenn es die politischen Verhältnisse erlauben, solle ihr Vater dann später im Irak seine letzte Ruhe finden. (kas/mas)