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Siemens-Affäre

13. Dezember 2006

Mit der Verhaftung des früheren Zentralvorstandes Thomas Ganswindt hat die Schmiergeldaffäre bei Siemens die Ebene der Konzernspitze erreicht. Zudem kommen immer drastischere Ausmaße zum Vorschein.

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Thomas Ganswindt (Quelle: AP)
Verhaftet: Thomas Ganswindt, ehemaliges Siemens-VorstandsmitgliedBild: AP

Der Siemens-Konzern geht inzwischen von zweifelhaften Zahlungen in Höhe von 420 Millionen Euro aus. Als Folge der Affäre musste der Konzern seine Ergebniszahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr nach unten korrigieren. Weitere Belastungen zum Beispiel durch Strafen oder Schadenersatzforderungen könnten auf den Konzern zukommen.

Ganswindt, der erst im September angesichts der bevorstehenden Auflösung der Kommunikationssparte Com bei Siemens ausgeschieden ist, wurde am Dienstag (12.12.2006) verhaftet. Weitere Details nannte die Münchner Staatsanwaltschaft nicht. Nach Informationen von "Spiegel Online" soll Ganswindt von einem ehemaligen Kollegen im Com-Bereichsvorstand belastet worden sein. Dieser soll ausgesagt haben, dass Ganswindt bereits deutlich vor Anfang 2004 über das vermutete Schmiergeld-System in der Com-Sparte informiert worden sei und dieses geduldet habe.

Konzernspitze in Bedrängnis

Klaus Kleinfeld (Quelle: AP)
Erst wegen BenQ unter Beschuss - jetzt wegen Schmiergeldaffären: Klaus KleinfeldBild: AP

Vorstandschef Klaus Kleinfeld hatte am Dienstag eine lückenlose Aufklärung der Affäre angekündigt. "Es geht um den Ruf des Hauses. Wir werden keine Kompromisse machen." Aktionärsschützer forderten am Mittwoch den Rücktritt von Ausichtsratschef Heinrich von Pierer, da die Schwarzgeldaffäre vor allem auf die Zeit zurückgehe, in der Pierer noch Vorstandschef bei Siemens war. Er leitete den Konzern von 1992 bis Januar 2005. Seither hat er den Vorsitz im Aufsichtsrat inne. Pierer sieht jedoch keinen Grund für einen Rückzug aus dem Kontrollgremium.

Siemens räumte ein Versagen der Kontrollsysteme ein. Kleinfeld und Pierer betonten aber, dass der Konzern bereits Anfang der 1990er-Jahre so genannte Compliance-Systeme zur Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen entwickelt habe. Die Mitarbeiter seien verpflichtet worden, sich an die Gesetze zu halten. "Es gibt keinen Mitarbeiter, dem das nicht klar gewesen ist", sagte Kleinfeld. Mit externer Hilfe sollten nun aber Lücken geschlossen werden.

Berater von außen sollen helfen

Der Aufsichtsrat hatte am Montag ein Maßnahmenpaket gegen die andauernde Korruptionsaffäre beschlossen. Eine internationale Anwaltskanzlei und der Mitbegründer von Transparency International, Michael J. Hershman, sollen helfen, die Kontrollsysteme zu verbessern. Zudem wird der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Daniel Noa die Leitung der Antikorruptions-Abteilung bei Siemens übernehmen.

Der Gesamtbetriebsrat (GBR) begrüßte das Maßnahmenpaket. "Für gesetzeswidrige und ethisch fragwürdige Praktiken darf in unserem Unternehmen kein Platz sein", sagte der GBR-Vorsitzende Ralf Heckmann. Die Arbeitnehmer unterstützten daher die "Null-Toleranz-Position" Kleinfelds und Pierers.


Siemens-Gewinn nach unten korrigiert

Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Dutzend Verdächtige etwa 200 Millionen Euro von Siemens veruntreut und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt hat. Die Überprüfungen bei Siemens ergaben nun zweifelhafte Zahlungen von 420 Millionen Euro in den vergangenen sieben Jahren. Das Geld müsse nicht komplett in schwarze Kassen geflossen sein, sagte Finanzvorstand Joe Kaeser. Es handle sich aber um verdächtige Zahlungen für Beraterverträge, bei denen der weitere Geldfluss untersucht werden müsse.

Als Folge hat Siemens für die vergangenen sieben Jahre zusätzliche Steuerbelastungen von 168 Millionen Euro veranschlagt. Der Gewinn des Geschäftsjahres 2005/2006 wurde von 3,106 auf 3,033 Milliarden Euro nach unten korrigiert. (je)