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Deutsche in Brüssel

Bernd Riegert12. Dezember 2006

Wer in der Europäischen Union seine Interessen durchsetzen will, braucht Ausdauer. Und gute Kontakte. Die werden auch bei Partys geknüpft. Ganz oben mischt hier ein junger Mann aus Deutschland mit: Patrick Stumm.

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Zuständig für Kontaktpflege jenseits von Parlamentsfluren: Partyorganisator Patrick Stumm
Kontaktpflege jenseits von Parlamentsfluren: Partyorganisator Patrick StummBild: patrick stumm

Dutzende Hände schütteln, ein Küsschen links, ein Küsschen rechts, immer nur lächeln, jedem Gast das Gefühl geben, er sei persönlich willkommen. Jeden Donnerstag um sieben Uhr abends steht Patrick Stumm im lässigen Business-Anzug auf dem roten Teppich vor dem Mirano-Club in Brüssel.

Der 33-Jährige hat die größte Afterworkparty für die Berufs-Europäer erfunden. Vor drei Jahren fing alles bescheiden an als Stammtisch für Praktikanten, jetzt kommen bis zu 1000 Gäste zum "At Seven", so heißt die wöchentliche Party.

"Seit 150 Donnerstagen bin ich jetzt hier, trifft man mich um sieben Uhr. Und das ist ein richtiges Geschäft geworden", erklärt Patrick Stumm. "Wir haben auch Partner und Sponsoren. Wir sind eine Gemeinschaft geworden, eine internationale community."

In Brüssel hängen geblieben

Nach dem Studium in Deutschland, Italien und Spanien kam der Sozial- und Politikwissenschaftler nach Brüssel und war von der vielsprachigen Metropole, in der man vor allem Netzwerke an Kontakten aufbauen muss, fasziniert.

Stumm, der sechs Sprachen spricht, wollte nur fünf Monate für das Praktikum bleiben. "Aber dann bin ich doch hier hängen geblieben, weil Brüssel einfach eine interessante Stadt ist, auch viel Zukunft bietet. Ich habe mich jetzt selbstständig gemacht und berate deutsche Unternehmen im Bereich EU, Lobby und Monitoring".

Berufliche und private Bande

Rund 15.000 Lobbyisten buhlen um die Aufmerksamkeit von Abgeordneten und der etwa 25.000 europäischen Beamten. Das geschieht nicht nur auf den Fluren des Parlamentes oder der Kommission, sondern eben auch bei Partys.

An der orange erleuchteten Bar knüpfen Beamte, Parlamentarier, Wirtschaftsleute und Journalisten als allen EU-Staaten Kontakte. Berufliche, aber auch private Bande entstehen. Die Frage, ob man Finne, Belgier, Brite oder Deutscher ist, bleibt trotz aller Vertiefung der Union immer noch wichtig.

"In Brüssel spielt die Nationalität noch weiter eine Rolle. Das merke ich auch selbst als Deutscher", sagt Stumm. "Ob man möchte oder nicht, auch wenn man europäisch eingestellt ist, hat man einfach zur eigenen Nationalität einen leichteren Zugang. Man trifft sich schneller, hat die gleiche Sprache, den gleichen kulturellen Background, aber das ist nicht unbedingt ein Muss."

"Für das Brüssler Leben nicht groß von Bedeutung"

Merkt der smart wirkende Partymeister im Alltag eigentlich, ob die Ratspräsidentschaft der EU bei Österreich, Finnland oder demnächst Deutschland liegt? "Eigentlich überhaupt nicht, höchstens in den Medien. Im letzten halben Jahr haben die Österreicher verkündet, wie toll das alles werden soll in Europa, jetzt machen das die Finnen. Dann wird es Deutschland sein. Es ist im Prinzip für das Brüssler Leben nicht groß von Bedeutung".

So wird auch unter deutscher Präsidentschaft weiter gefeiert und angebandelt jeden Donnerstag at Seven.