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Schlechte Noten

Alkyone Karamanolis, Athen7. Dezember 2006

Transparency International hat Griechenland schlechte Noten ausgestellt für sein Engagement gegen Korruption. Im EU-weiten Vergleich rangiert es an vorletzter Stelle.

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griechisch-orthodoxe Kirche
Selbst in der Kirche wurden dunkle Machenschaften aufgedecktBild: AP

Skandale über Skandale – in Sachen Korruption gerät Griechenland immer wieder negativ in die Presse. Vor wenigen Wochen war es ausgerechnet die Behörde für Marktkontrolle, die Fahnder unter die Lupe nahmen. Doch die Griechen sind einiges gewohnt: Vergangenes Jahr etwa wurde ein Supermarktkartell aufgedeckt, ein Fall, der unter anderem die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes auf den Plan rief. Es wurden dunkle Machenschaften in der Kirche bekannt, und es flog ein Ring bestechlicher Richter und Rechtsanwälte auf.

Trotz dieser Erfolge: Griechenland ist auf dem Korruptionsindex von Transparency International von Platz 47 auf Platz 54 abgefallen und befindet sich damit in unmittelbarer Nachbarschaft der Dominikanischen Republik, Costa Rica und Tunesien. Was die Europäische Union angeht, wird es nur noch von Polen übertroffen, das Platz 61 von 163 Ländern belegt.

"Null Toleranz" – aber auch null Verbesserung

Der griechische Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis, Foto: AP
Der griechische Ministerpräsident Konstantinos KaramanlisBild: AP

Mit dem Slogan "Null Toleranz" waren die regierenden Konservativen vor drei Jahren angetreten. Sie versprachen, die Korruption zu bekämpfen. Publikumswirksam und volksnah verkündete der konservative Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis in einem Athener Restaurant nach seinem Amtsantritt 2004 die "Neugründung des griechischen Staates". Wesentlicher Bestandteil: die Korruptionsbekämpfung. Drei Jahre später zeichnen die Daten von Transparency International ein düsteres Bild: 65 Prozent der Befragten gaben an, die Korruption in Griechenland habe zugenommen.

Für Giorgos Kaminis kein Wunder: "Es gibt zu wenig Kontrollen", sagt der griechische Ombudsbeauftragte, dessen Aufgabe es ist, zwischen Bürgern und staatlichen Behörden zu schlichten – aber das sei nur eine der Ursachen. Große organisatorische Mängel und unklare Gesetze bereiteten der Korruption einen fruchtbaren Boden. Einfache Vorgänge dauerten mitunter unendlich lange. Außerdem habe Griechenland zum Beispiel noch immer keinen Raumordnungsplan. "Das lässt dem Beamten den Spielraum, die Angelegenheit eines Antragstellers günstiger oder weniger günstig zu bearbeiten, was ihn wiederum bestechlich macht", sagt Kaminis.

Fast jeder achte hat schon geschmiert

Ein Mann steckt einen Umschlag mit Geldscheinen ein, Foto: dpa
12 Prozent aller Griechen haben schon bestochenBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Haben Sie oder jemand in ihrem Haushalt im vergangenen Jahr irgend jemanden bestochen?" Immerhin 12 Prozent der befragten Griechen beantworteten diese Frage mit "Ja". Denn, war früher in Griechenland ein "Bakschisch" (Wort für Bestechungsgeld) nötig, um illegale Geschäfte zu regeln, so sind heute Bestechungsgelder auch für legale Vorgänge notwendig. Der Bürgerbeauftragte Giorgos Kaminis sieht die Ursache in einem generellen Werteverfall der griechischen Gesellschaft.

In den 1970er und 1980er Jahren habe sich Griechenland rasant vom Agrarstaat zu einem reichen Land gewandelt. Das schnelle Geld habe die Moral der Menschen verdorben, glaubt Kaminis. Für ihn steht fest: "Heute haben wir eine Gesellschaft kleinbürgerlicher Neureicher, wo die Werte auf der Strecke geblieben sind."

Vorsichtiger Optimismus

In den griechischen Medien ist das Thema Korruption ein Dauerbrenner. Aber: Verhaltensänderungen und notwendige politische Reformen durchzusetzen, das ist eine schwierige und langwierige Aufgabe. Trotzdem herrscht in der griechischen Zweigstelle von Transparency International verhaltener Optimismus.

"Die jetzige, konservative Regierung gibt immerhin zu, dass es in Griechenland Korruption gibt. Die sozialistische Vorgängerregierung hat das nicht getan", sagt die Vorsitzende Virginia Tsouderou. Außerdem könne sie praktische Fortschritte ausmachen. Schließlich befänden sich mittlerweile Richter, Rechtsanwälte und Geschäftsleute in Untersuchungshaft. "All das wäre vor fünf Jahren vollkommen undenkbar gewesen", glaubt sie.