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Sperre für Simpson

Daniel Scheschkewitz, Washington DC22. November 2006

Der australische Verleger Rupert Murdoch hat ein schon gedrucktes Buch des ehemaligen Football-Stars O. J. Simpson aus dem Verkehr ziehen lassen, weil es die Grenzen des guten Geschmacks verletze.

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Simpson im Gerichtssaal mit Handschuhen, die ihm zu klein sind
O. J. Simpson erlangte 1995 zweifelhaften Ruhm vor GerichtBild: AP

Das Buch trägt den bezeichnenden Titel "If I Did it" ("Wenn ich es getan hätte"). Darin spekuliert Simpson bis ins Detail, wie er den Mord an seiner Ex-Frau Nicole Brown-Simpson und ihrem Freund Ron Goldman begangen hätte, wenn er im Jahr 1994 der Mörder gewesen wäre. Simpson wurde in einem der spektakulärsten Gerichtsverfahren der jüngeren US-Geschichte 1995 freigesprochen, obwohl viele US-Bürger bis zum heutigen Tage glauben, dass er der Mörder war.

In Medienkreisen rief das Buch einen Sturm der Entrüstung hervor. "Ich glaube, in den 30 Jahren, in denen ich im Geschäft bin, hat es noch nie etwas vergleichbar Ekelhaftes gegeben", sagte zum Beispiel die Buchagentin Esther Newburg aus New York.

Denise Brown, die Schwester der ermordeten Nicole Brown-Simpson
Denise Brown, die Schwester der ermordeten Nicole Brown-SimpsonBild: AP

Auch TV-Sendung abgesetzt

Zu dem Buch, das bei Harper Collins erscheinen sollte, war auch eine begleitende TV-Sendung mit Simpson-Interviews beim Fernsehsender Fox geplant. Doch auch diese ließ Murdoch, dem sowohl der Verlag als auch der Sender gehören, absetzen. Seine Entscheidung vom Montag (20.11.2006) folgte auf empörte Proteste aus der eigenen Senderfamilie, die in den USA für ihre rechtsgerichteten und manchmal grenzwertigen Programminhalte bekannt ist. In einer schriftlichen Erklärung bedauerte der Verlag das "unkluge Projekt" und entschuldigte sich bei den Angehörigen der Mordopfer. Buchhändler sollen nun die 400.000 schon verschickten Buch-Exemplare an den Verlag zurücksenden.

Doch der Schaden lässt sich möglicherweise nicht mehr gutmachen. Das Buch ist bereits auf dem Weg in die Buchhandlungen und wird schon auf der Internet-Auktionsplattform Ebay verkauft. Kim Goldman ist die Schwester des seinerzeit ermordeten Ron Goldman, sie erklärte in der CNN-Talkshow "Larry King": "Ich gehe fest davon aus, dass dieses Buch irgendwo auftauchen wird und dass wir Auszüge lesen werden. Es kommt auf dem Schwarzmarkt heraus." Simpson erhält unbestätigten Berichten zufolge drei Millionen Dollar Tantiemen für das Buch. Diese will er angeblich seinen Kindern zukommen lassen.

Simpson im TV
O. J. Simpson gibt ein TV-Interview, das jedoch nicht ausgestrahlt wirdBild: AP

Verlegerisches Kalkül?

Die negative Publizität könnte gewollt sein – auf der Bücherhitliste des Internethändlers Amazon ist "If I Did it" bereits unter die ersten 20 Titel hochgeschnellt. Verlegerin Judith Regan wollte den Vorgang bisher nicht kommentieren. Sie hatte das Buch von Simpson als nachträgliches Geständnis interpretiert. Regan gilt als schillernde Figur in der US-amerikanischen Verlegerszene. Einer ihrer größten Erfolgstitel heißt "How to Make Love Like a Porn Star" - "Lieben wie ein Pornostar".