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Elterngeld kommt

29. September 2006

Ab 1. Januar 2007 erhalten Eltern nach der Geburt eines Kindes das neue Elterngeld anstelle des bisherigen Erziehungsgeldes. Der Bundestag beschloss die Neuregelung mit den Stimmen der großen Koalition.

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Nehmen beide eine "Babypause", dann wird das mit zwei Monaten mehr Elterngeld honoriertBild: AP

Der Bundestag hat den Weg zu einem grundlegenden Wechsel in der Familienförderung freigemacht. SPD und Union stimmten am Freitag (29.9.2006) für das neue Elterngeld als Lohnersatzleistung nach der Geburt eines Kindes. FDP, Linksfraktion und Grüne votierten vor allem wegen fehlender Anschlussangebote zur Betreuung von Kleinkindern dagegen.

Geschwisterbonus

Künftig erhält der Elternteil, der nach der Geburt beruflich aussetzt, ein Jahr lang 67 Prozent seines letzten Nettoeinkommens, maximal 1800 Euro monatlich. Das Elterngeld wird auf 14 Monate ausgedehnt, wenn auch der Partner mindestens zwei Monate eine Babypause nimmt oder höchstens 30 Wochenstunden arbeitet. Alleinerziehende bekommen ebenfalls 14 Monate lang das Elterngeld.

Wer kein Erwerbseinkommen hat wie Arbeitslose oder Hausfrauen, erhält einen Mindestsatz von 300 Euro im Monat. Für Geringverdiener gibt es ein erhöhtes Elterngeld. Liegt das zugrunde liegende Nettoeinkommen unter 1000 Euro monatlich, kann der übliche Einkommenssatz von 67 Prozent auf bis zu 100 Prozent des Nettoeinkommens wachsen.

Zudem wird ein Geschwisterbonus in Höhe von zehn Prozent oder mindestens 75 Euro gewährt, wenn in einem Haushalt zwei Kinder unter drei Jahren oder drei Kinder unter sechs Jahren leben. Bei Mehrlingsgeburten zahlt der Staat pro Kind 300 Euro im Monat mehr.

"Historischer Moment"

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen
Bundesfamilienministerin Ursula von der LeyenBild: AP

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen nannte die Verabschiedung einen "historischen Moment". Das Geld schaffe Zeit für Eltern mit ihren Kindern. Für Frauen verringere es die ökonomische Abhängigkeit vom Partner. Die zwei Partnermonate zusätzlich zu den regulären zwölf Monaten würdigte sie mit den Worten: "Zum ersten Mal haben Väter eine ehrliche Chance, sich Zeit zu nehmen für ihre unersetzliche Rolle."

Auch der Familienforscher Wassilios Fthenakis bewertete die vom Bundestag beschlossene Einführung des Elterngeldes positiv: "Diese familienpolitische Maßnahme weist in die richtige Richtung", sagte der Professor für Entwicklungspsychologie der Universität Bozen im "ZDF-Mittagsmagazin". Die Gesellschaft müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Väter von heute bereit sind, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen, anstatt sie in die Rolle des Brotverdieners zu treiben.

"Sozial-politischer Skandal"

Dagegen bemängelte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ina Lenke, dass viele Frauen mit dem Elterngeld schlechter gestellt würden als mit dem bisherigen Erziehungsgeld. Sowohl Lenke als auch die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Krista Sager kritisierten, dass für den Wiedereinstieg in den Beruf nach einem Jahr keine Betreuungsinfrastruktur existiere. Sager forderte von der Familienministerin als "nächsten Schritt einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nach dem ersten Lebensjahr".

Die Linksfraktion bezeichnete das neue Gesetz als "sozialpolitischen Skandal". Es verschärfe die hohe Kinderarmut, weil arbeitslose Eltern nur halb so viel Elterngeld bekommen wie bisher Erziehungsgeld. Die neue Lohnersatzleistung sei eine Umverteilung von Arm nach Reich.

Das Elterngeld wird die öffentliche Hand im kommenden Jahr 3,5 Milliarden Euro kosten, 2008 dann etwa 4,4 Milliarden. Das Gesetz muss nun noch den Bundesrat passieren. (ana)