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Weltbank-Chef Wolfowitz verteidigt seine Strategie

Karl Zawadzky, zurzeit Singapur15. September 2006

Seit der Weltbank-Präsident nach seinem Amtsantritt die Korruptionsbekämpfung zu einem der Schwerpunkte seiner Arbeit erklärt hat, sehen sich mache Länder unter Generalverdacht. Doch Wolfowitz bleibt dabei.

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Paul Wolfowitz gibt sich in Singapur Mühe, alle Fragen zu verstehenBild: AP

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt auf der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank hat Paul Wolfowitz am Freitag (15.9.2006) seinen Kurs bekräftigt. Er glaubt, dass es einen Ausweg aus Armut und Elend in Entwicklungsländern gibt. Hilfreich seien gute Regierungsführung sowie massive Investitionen in Bildung, Gesundheit und öffentliche Infrastruktur und eine konsequente Korruptionsbekämpfung.

Wolfowitz sagt, er habe in den drei Jahren, in denen er amerikanischer Botschafter in Indonesien war, die Lektion gelernt: Ohne Eindämmung der Korruption kommt die Entwicklungszusammenarbeit nicht oder nur zum Teil denen zugute, für die sie gedacht ist: den Armen.

Das Geld müsse seinen beabsichtigten Zweck erreichen

Entwicklungsgelder seien dazu da, Krankenhäuser und Schulen zu bauen sowie die Infrastruktur zu verbessern; sie seien nicht dazu da, die Konten von korrupten Politikern und Beamten zu füllen, so der seit einem Jahr amtierende Weltbank-Chef. Die Finanziers von Entwicklungszusammenarbeit, also die Steuerzahler in den Industriestaaten, müssten sicher sein können, dass die von ihnen aufgebrachten Mittel ihren Zweck erreichten. Sonst würde die Entwicklungszusammenarbeit ihre Akzeptanz in den Geberländern verlieren.

Das ist nach Darstellung von Wolfowitz der Sinn seiner Anti-Korruptions-Strategie: "Der Zweck ist nicht, die Entwicklungshilfe zu kürzen. Der Zweck ist, das Engagement zu verstärken, Ressourcen zur Verfügung zu stellen und zu helfen, damit umzugehen. Damit das klar ist: Die Steuerzahler und die Grundsätze der Weltbank verlangen, dass das Geld seinen beabsichtigten Zweck erreicht."

Wirtschaftliche Entwicklung in Mosambik
Entwicklungshilfe soll ihr Ziel erreichen, so wie diese Kokosnuss-Bauern in MosambikBild: DPA

Die verstärkten Anstrengungen der Weltbank im Kampf gegen die Korruption in Entwicklungsländern sind eines der großen, wenn auch inoffiziellen Themen auf der Jahrestagung in Singapur. Kritiker vor allem aus betroffenen Entwicklungsländern sehen die Dritte Welt jedoch unter dem Generalverdacht, Gelder der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in private Taschen zu leiten oder sonst zweckentfremdet zu verwenden.

Kreditauszahlungen wurden gestoppt

Wolfowitz hat die Bekämpfung der Korruption zu einem Markenzeichen seiner gesamten Präsidentschaft bei der Weltbank gemacht. Und das nicht nur in Reden, sondern auch in Taten. Die Vereinbarung oder Auszahlung von Krediten über hunderte von Millionen Dollar hat er gestoppt. Betroffen davon sind Länder wie Indien, der Tschad, Kenia, der Kongo, Äthiopien und Bangladesh. Die Regierungen dieser Staaten haben natürlich prompt protestiert. Regierungen anderer Länder fürchten, ebenfalls von Streichungen betroffen zu sein. Dabei wolle Wolfowitz nicht sparen, sondern mehr Geld ausgeben. Er erklärte in Singapur: "Ich denke, die Zahlen sprechen für sich, nämlich dafür, dass wir die Hilfe nicht kürzen wollen."

Superjahr für die Weltbank-Gruppe

2005 war ein Rekordjahr für die Weltbank-Gruppe, speziell für die günstigen Entwicklungskredite der International Development Agency. Ihre Kreditzusagen stiegen um neun Prozent auf 9,5 Milliarden Dollar, den höchsten Stand überhaupt. Rund die Hälfte davon, nämlich 4,7 Milliarden Dollar, ging nach Afrika. Das war eine Steigerung um 20 Prozent. Prozentual noch stärker hat die Unterstützung der International Finance Corporation für den privaten Sektor zugenommen, nämlich um 25 Prozent auf das Rekordniveau von 6,5 Milliarden Dollar. Die Weltbank selbst hat den Entwicklungsländern Kredite im Umfang von 14,2 Milliarden Dollar zugesagt; das war der höchste Stand seit sieben Jahren.

Wolfowitz will die Zusagen und Auszahlungen der Weltbank weiter steigern und noch mehr als bislang auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara konzentrieren: "Ich glaube, Subsahara-Afrika muss die erste Priorität für die Weltbank haben, weil in den 25 Jahren, in denen 400 Millionen Menschen weltweit der tiefsten Armut entkommen sind, 600 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara ärmer geworden sind. Das ist eine Tragödie für diese Menschen und eine schlimme Entwicklung für die gesamte Menschheit."