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Menschenhandel in Bosnien: Manchmal hilft die Familie den Tätern

27. Juli 2006

Die bosnische Polizei hat kürzlich bei einer Razzia in einem Bordell Mädchen im Alter von 14 bis 21 aus einem Bordell befreit. Jetzt stellt sich heraus: Sogar manche Familien der Opfer sind am Menschenhandel beteiligt.

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Prostitution statt versprochener ArbeitBild: dpa

Das Muster ist immer gleich. Die jungen Frauen seien durch eine ansprechende Stellenanzeige angelockt worden, sagt Nada Dabic von Esperanca, einer Nicht-Regierungsorganisation aus Novi Sad, die sich um die Opfer von Menschenhandel kümmert. "Sie haben sich auf die Anzeige einer Agentur gemeldet, die ihnen einen guten Sommerjob angeboten hat. Wenn diese Mädchen in die Fänge von Menschenhändlern geraten, werden sie natürlich vergewaltigt, geschlagen, ihnen werden die Papiere weggenommen, sie werden psychisch erniedrigt und zur Prostitution gezwungen. In dem so genannten Restaurant, wo die Mädchen gefunden wurden, gibt es eine Speisekarte. Doch statt Speisen steht dort, welche sexuellen Dienstleistungen erhältlich sind", erzählt Frau Dabic. Das jüngste Opfer war erst 12, als sie buchstäblich von der Straße entführt wurde. "Wenn das Kind nicht aus der Schule kommt, sondern verschleppt wurde, sind häufig Verwandte oder Hausfreunde an dem Verkauf der Opfer beteiligt", sagt die Esperanca-Sprecherin.

Vielschichtiges Problem

Die Mädchen hatten diverse Verletzungen, einer hatten die Täter Drogen verabreicht. Heute befinden sich alle Mädchen in Frauenhäusern und in psychologischer Behandlung. In der Vojvodina ist ein Fall durch seine Bösartigkeit besonders aufgefallen. So hat ein Vater aus Pancevo, nordöstlich von Belgrad, dreimal seine Tochter an Menschenhändler verkauft. Doch erst als es ihr gelang, sich das vierte Mal aus den Fängen der Verbrecher zu befreien, zeigte sie ihren Vater bei der Polizei an.

Nada Dabic zufolge sind jedoch die Strafen für Menschenhändler in Serbien sehr mild. Ferner seien auch solche in einem Menschenhändlerring, die eigentlich gegen Menschenhandel kämpfen müssten. "Das sind große Menschenhändlerringe, in denen auch Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Grenzbeamte, Arbeits- und Castingagenturen sind. Es handelt sich aber um sehr viel Geld und es findet sich immer jemand von den Staatsorganen, der darin verwickelt ist. In Novi Sad haben wir drei Stellen, von denen wir wissen, dass sie zu Menschenhändlern gehören. Wir wissen auch, dass sie nicht deswegen verurteilt worden sind. Nur in einem Fall hat ein Richter eine Haftstrafe von sechs Monaten verhängt. Somit sind die Strafen für Menschenhandel in Serbien nicht abschreckend genug. Straftäter haben eine höhere Strafe zu erwarten, wenn sie ein Auto stehlen", so Dabic.

Dinko Gruhonjic, Novi Sad
DW-RADIO/Serbisch, 24.7.2006, Fokus Ost-Südost