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China schränkt Organhandel ein

Chun Cui10. Juli 2006

Dass in China Organe von Hingerichteten für Transplantationen benutzt werden, ist kein Geheimnis. Eine neue Verordnung verbietet nun jede Form des Organhandels. Doch Experten bezweifeln die Wirksamkeit.

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Organtransplantation in SchanghaiBild: AP Graphics

Niemand weiß genau, wie viele Organe chinesische Chirurgen bisher transplantiert haben. Der stellvertretende Minister des Gesundheitsministeriums, Hung Jiefu, erklärte bei einer Konferenz, dass das Reich der Mitte bei Transplantationen nach den USA weltweit die Nummer Zwei sei. "Hingerichtete Gefangene dienen als eine der Hauptquellen für Organe", erklärt Prof. Chen Zhonghua, der Vorsitzende des größten Transplantationsinstituts Chinas in der Uniklinik Tongji.

Gezielte Tötung von Falung-Gong-Anhängern?

Ein ehemaliges kanadisches Kabinettsmitglied und ein renommierter Menschenrechtsanwalt haben China sogar vorgeworfen, Mitglieder der Sekte Falun-Gong gezielt zur Organentnahme zu töten. Dies hätten ihre zweimonatigen Nachforschungen ergeben, sagten der frühere Staatssekretär für Asien und den Pazifikraum, David Kilgour, und der Anwalt David Matas vergangene Woche. Die beiden hatten Telefonate zwischen Haftanstalten und Transplantationskliniken aufgezeichnet, in denen Behördenvertreter angeblich die schnelle Lieferung von Organen versprachen, die von Falun-Gong-Mitgliedern stammten.

Nach konfuzianischem sowie buddhistischem Glauben müssen Leichen intakt bleiben, deshalb sind Organspenden eher eine Rarität im Fernen Osten. Da die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt, hat sich der Organhandel zu einem lukrativen Geschäftszweig entwickelt. Es geht um viel Geld, das auch arme Bauern verleitet, eine ihrer beiden Nieren zum Verkauf anzubieten.

Regelung mit Mängeln

Die chinesischen Behörden stehen zunehmend unter Druck, etwas gegen die chaotische Situation in der Transplantationsbranche zu unternehmen. Vor diesem Hintergrund wurde in China die erste Verordnung für Organtransplantation ins Leben gerufen. Professor Chen zufolge ist die Bedeutung jedoch eher symbolisch. "Es ist die erste, und auch die einfachste und primitivste Verordnung, die den Umgang mit Organtransplantationen regelt", sagt Chen. Zwar sei die Verordnung im Prinzip ein Schritt nach vorne "Es ist aber ein sehr kleiner Schritt, der von dem Ziel eines modernen Transplantationsgesetzes weit entfernt ist. Die Verordnung kontrolliert nur den Unterlauf des Transplantationsbereichs und funktioniert lediglich als eine reine Zulassungsordnung für die Spezialkliniken und Chirurgen."

Nach den Vorschriften sollen chinesische Krankenhäuser künftig nur noch mit einer schriftlichen Einverständniserklärung des Spenders Organe entnehmen dürfen. Transplantationen werden nur noch in ausgewählten Kliniken zulässig sein, in denen ein Ethik-Ausschuss darüber beraten soll. Chen bezweifelt jedoch die praktische Wirkung. "Es wird nur festgelegt, dass ein Ethik-Ausschuss die Zulässigkeit der Organe überprüfen soll", erklärt er. "Die genauen Kriterien, nach denen der Ethik-Ausschuss seine Entscheidungen trifft, werden jedoch nicht ausformuliert." Dies könne nur Chaos verursachen.

Ebenso lassen die Interims-Bestimmungen des Gesundheitsministeriums die Frage der Herkunft der Organe offen. Schätzungsweise warten zwei Millionen Chinesen zu Zeit auf Transplantationen, die sich aber nur für ein Prozent von ihnen erfüllen lassen. Dieses kritische Ungleichgewichtsproblem zwischen Bedarf und Angebot wird aber nicht berührt. Auch der Fokus der Bestimmungen wird von Chen in Frage gestellt. "Die Verordnung richtet sich nur an das Gesundheitsministerium. Die Hauptquellen für Organe liegen jedoch in den Händen des Justiz- und des Sicherheitsministeriums", erläutert er. "Von daher wird die gesetzliche Kraft der Maßnahmen sehr schwach bleiben."