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Supreme Court: Guantanamo-Tribunale sind illegal

Daniel Scheschkewitz, Washington D. C.30. Juni 2006

US-Präsident George W. Bush hat mit der Einrichtung der Militärtribunale im Gefangenenlager Guantanamo seine Rechte überschritten. Das entschied der Oberste Gerichtshof der USA.

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Wo die US-Fahne weht, wie hier im Lager Guantanamo, hat auch der Supreme Court etwas zu sagenBild: AP

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des "Supreme Court" fiel mit 5:3 Stimmen aus. Der Vorsitzende Richter, John Roberts, hatte sich im Vorfeld der Entscheidung für befangen erklärt, weil er an dem usprünglichen Urteil eines niedrigeren Gerichts mitgewirkt hatte, dass die Rechtmäßigkeit der Militärtribunale zunächst bestätigt hatte. Dieses Urteil haben die höchsten Richter nun kassiert.

Zur Begründung heißt es, die so genannten Militärtribunale, oder "military commissions", seien zu keinem Zeitpunkt vom US-Kongress autorisiert worden. Den Angeklagten in Guantanamo müssten außerdem die gleichen Rechte zukommen, wie "normalen" Kriegsgefangenen, entsprechend der Genfer Konvention.

Die Bush-Regierung hatte sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 jedoch auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei den Gefangenen im Krieg gegen den Terror um eine neue Kategorie, um so genannte feindliche Kämpfer handele, die keine Uniform trügen und auf die deswegen auch nicht die normalen Regeln des internationalen Kriegsrechts Anwendung fänden.

Bush will Ausweg finden

Dieser Interpretation und der daraus folgenden Rechtspraxis hat das höchste US-Gericht nun einen Riegel vorgeschoben. Präsident Bush hat damit eine schwere juristische Niederlage erlitten. In einer vorher einberufenen Pressekonferenz erklärte Bush, man werde sich dem Urteil fügen und einen Ausweg finden.

Wie der aussehen könnte deutete Bush bereits an: "In dem Masse, in dem uns das Urteil die Möglichkeit gibt, mit dem Kongress zusammen zu arbeiten, um herauszufinden, ob die Militärtribunale ein möglicher Weg sind, werden wir das tun."

Bush will also die fehlende gesetzliche Basis schaffen, nachdem er sich nach den Anschlagen des 11. Septembers 2001 einfach das Recht angemasst hatte, in Kriegszeietn solche Tribunale zur Aburteilung von Gefangenen einzusetzen. Bush machte gleichzeitig deutlich, dass Guantanamo jetzt nicht einfach geschlossen werde. "Dieses Urteil, so wie ich es verstehe, wird nicht dazu führen, dass Mörder auf die Straße entlassen werden."

Kein Urteil zum Gefangenenlager

Das Urteil dürfte demnach zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Gefangenenlager auf Kuba selbst und die dort festgehaltenen 460 Gefangenenen haben. Die Richter haben zunächst einmal nur über die dort ausgeübte Gerichtsbarkeit entschieden, nicht über die Rechtmäßigkeit des Lagers selbst.

Allerdings wird sich die Bush-Regierung nun etwas neues einfallen lassen müssen, was ihr juristisches Vorgehen dort angeht. Möglicherweise wird das Urteil die Abwicklung von Guantanamo auch beschleunigen. Präsident Bush hatte jüngst mehrfach gesagt , dass er das Lager gerne schließen würde. Dabei hatte der Präsident jedoch hinzugefügt, dass er die Entscheidung des Supreme Courts abwarten müsse.

Das US-Außenministerium verhandelt derzeit mit mehreren Dutzend Staaten über die Rücknahme der Gefangenen durch ihre Heimatländer. Diese Verhandlungen sollen weitergehen. "Ich möchte einen Weg finden, wie ein Teil der Gefangenen an ihre Heimtländer zurück gegeben werden kann. Aber einigen muss der Prozess vor unseren Gerichten gemacht werden."

Aus Sicht der USA will man vor einer Überstellung der Gefangenen an ihre Heimatländer außerdem sicherstellen, dass die Gefangenen dort weder gefoltert werden noch auf die Schlachtfelder in Afghanistan oder im Irak zurückkehren.