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Wie mächtig sind die Internet-Suchmaschinen wirklich?

28. Juni 2006

Internet-Suchmaschinen sind in die Kritik geraten. Medienexperten bemängeln ihren unkontrollierten Einfluss. Sie fordern mehr Kontrolle, damit die Macht der Suchmaschinen begrenzt wird.

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Chinesische Yahoo-StartseiteBild: DPA

Die Suchmaschine ist das wichtigste Handwerkszeug eines jeden Internetnutzers. Und gerade weil jeder davon Gebrauch macht, fürchten Kritiker, dass die Suchmaschinen unser Denken und Handeln mit der Information steuern, die sie uns vorgeben. Medienexperten haben am Dienstag (27.6.2006) auf einer internationalen Tagung in Berlin Druck auf die Suchmaschinenbetreiber ausgeübt. Sie forderten mehr Kontrolle, um die Monopolmacht von Internet-Suchmaschinen einzugrenzen. Tagungsleiter Marcel Machill sagte, es sei wichtig, dass sich die Macht nicht unbeobachtet entwickele. Gerade Anbieter wie Yahoo, Microsoft MSN und allen voran Google seien mit mehr als 90 Prozent Marktanteil zum regelrechten Informationsfilter geworden. Daher hätten sie auch eine "publizistische Verantwortung".

Marcel Machill
Marcel Machill, Journalistik-Professor in Leipzig und DortmundBild: picture-alliance/ dpa

Ganz anders sehen das die Suchmaschinenbetreiber selbst. Google-Sprecher Stefan Keuchel sagte, dass Suchmaschinen nach einem rein mathematischen Algorithmus arbeiten.

Sie seien demnach Anbieter einer rein mathematischen Suchtechnologie. Die Betreiber weisen daher eine Selbstzensur über die gesetzlichen Anforderungen hinaus zurück. Dabei liefern Trefferlisten auch Verknüpfungen zu Seiten mit Inhalten von "erheblichem öffentlichem Interesse". Da Internetnutzer Untersuchungen zufolge höchstens die ersten 20 Treffer benutzten, ergebe sich aus der angezeigten Reihenfolge, eine entscheidende Vorauswahl.

Wir glauben an Meinungsfreiheit - nicht an Zensur

Als Beispiel nannte Machill die Eingabe des Begriffs NSDAP in Google: Bis vor kurzem sei der Nutzer damit auf eine Seite mit rechtsextremem Inhalt gelangt. "Stellen Sie sich vor, dass Schüler sich im Internet über das Thema informieren wollen", gibt der Experte zu bedenken. Die Verknüpfung sei aus rechtlichen Gründen in Deutschland gestrichen worden. Betreiber sollten nach Ansicht Machills aber einen Schritt weitergehen. Er fordert sie auf, eine "eigene Verantwortung" zu entwickeln.

Von publizistischer Verantwortung hält Google wenig. "Wir glauben an Meinungsfreiheit, nicht an Zensur", sagt Keuchel. Gesperrt werden daher nur Seiten, die verboten sind. Orientierung biete eine Liste mit rund 1000 Internetadressen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.

Freiwillige Selbstzensur kann Monopolmacht verhindern

Besser als Sanktionen gegen die US-Betreiber sei zum Beispiel die Förderung von Alternativprojekten wie der deutsch-französischen Suchmaschinen-Technologie Quaero. Zudem könne freiwillige Selbstzensur die Auswirkungen der "Monopolmacht" verringern, erläuterte Machill. Vorreiter sind dabei die deutschen Suchmaschinenbetreiber. Gemeinsam mit den deutschen Töchtern von Yahoo, Google und Microsoft haben sie im vergangenen Jahr bereits einen Verhaltenscodex vereinbart, sagte Keuchel. Nicht jugendfreie und Gewalt verherrlichende Seiten sollen in Trefferlisten nicht mehr angezeigt werden.

Die Anbieter würden selbst zum "Opfer externer Manipulation", erläuterte Machil in Berlinl. Die Platzierung in Trefferlisten werde von so genannten Suchmaschinen-Optimierern beeinflusst. Dies habe sich bereits zu einem eigenen Geschäftszweig entwickelt, denn für Firmen

sei die Platzierung inzwischen ein Wettbewerbsfaktor. Generell sind Suchmaschinen nach Ansicht Machills aber ein "sinnvolles Instrument". Die Nutzer müssten nur lernen, kritisch mit ihnen umzugehen. Wer sich zu einem Thema im Internet informiere, solle sich nicht auf die ersten zehn Treffer nur einer Suchmaschine verlassen, sondern auch auf alternative Anbieter zurückgreifen. (mt)