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Kosovo-Verhandlungsführer Haziri: „Unsere Positionen stoßen auf volles Verständnis“

22. Juni 2006

Im Interview mit DW-RADIO schildert Lutfi Haziri, stellvertretender Regierungschef und Verhandlungsführer der Kosovo-Albaner bei den Statusgesprächen in Wien, die Position der albanischen Seite.

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Kosovo-Verhandlungen in WienBild: AP

DW-RADIO/Albanisch: Herr Haziri, Sie haben noch keine Einigung zur Frage der Dezentralisierung des Kosovo bei den Gesprächen in Wien erreicht. Was ist das Verhandlungsziel der kosovo-albanischen Delegation?

Lutfi Haziri: „Es gibt zahlreiche Probleme, die nichts mit der Statusfrage zu tun haben. Bis jetzt haben sechs Treffen in Wien stattgefunden. Nur vier davon haben sich auf die Frage der Dezentralisierung bezogen. Wir haben es geschafft, innerhalb des Kosovo einen Konsens zu erreichen, in den nicht nur die Kosovo-Albaner eingeschlossen sind, sondern auch die anderen Minderheiten. Die Grundprinzipien für die Dezentralisierung bezüglich der Kompetenzen der Kommunen und bezüglich der Schaffung neuer Kommunen haben wir auf den Tisch gelegt. Unsere Position ist dabei bei den internationalen Vermittlern auf volles Verständnis gestoßen. Die serbische Regierung hat dazu allerdings eine Position, die im Widerspruch zu europäischen Werten steht."

Eines der größten Probleme ist die geteilte Stadt Mitrovica. Wie kann eine Lösung aussehen?

„Die Kosovo-Delegation vertritt das Prinzip 'eine Stadt – zwei Kommunen'. Das ist eine Integrationsformel. Wir sehen eine Übergangsphase vor, aber nach drei Jahren soll Mitrovica vollständig als Stadt integriert werden. Während dieser Zeit wird es einen Exekutivrat geben, in dem Serben und Albaner sitzen, sowie einen internationalen Administrator. Dieser Rat wird sich mit Fragen wie Bildung, Gesundheit, öffentlichen Dienstleistungen und so weiter beschäftigen. Dieser Rat soll auch die Sicherheitsfragen behandeln, das beinhaltet Fragen des Polizeidienstes des Kosovo, aber auch der wirtschaftlichen Integration. Die Idee 'eine Stadt – zwei Kommunen' hat den Vorteil, dass die Stadt wirtschaftlich von der Zentralebene profitieren soll. Auf der anderen Seite sind die Vorstellungen von Belgrad desintegrativ. Die Stadt soll geteilt werden, und das würde unter dem Schlagwort der Dezentralisierung tatsächlich zu einer Zentralisierung unter Belgrader Kontrolle führen."

In den Wiener Gesprächen werden die Interessen der Kosovo-Serben durch Belgrad vertreten. Wie könnten die Serben des Kosovo ihre Interessen selbst einbringen?

„Leider haben die Serben des Kosovo es nicht geschafft, eine Führung zu bilden, die die Interessen der Kosovo-Serben vertritt. Die Serben im Kosovo werden von Serbien selbst umgangen. Es ist ein großes Handicap, dass die Serben des Kosovo nicht direkt an den Status-Verhandlungen teilnehmen."

Die Positionen der Verhandlungsdelegationen sind unvereinbar. Der Sicherheitsrat muss möglicherweise allein eine Entscheidung treffen. Haben Sie Angst vor den Folgen, die eine solche Entscheidung haben könnte?

„Was bis zu dieser Phase erreicht wurde, ist die Regulierung der Minderheitenrechte auf drei Ebenen. Das erste hat mit der lokalen Verwaltung zu tun. Achtzig Prozent der Serben, die im Kosovo leben, genießen Selbstverwaltungsrechte, weil in diesen Gemeinden serbische Mehrheiten vorhanden sind. Nur zwanzig Prozent der Serben des Kosovo werden in multiethnischen Gemeinden leben. Die zweite Ebene hat mit der Kultur und dem religiösen Erbe zu tun. Das beinhaltet die Anerkennung der Serbischen Orthodoxen Kirche mit Namen, Struktur, Organisation und Eigentum. Das wird rechtliche Garantien für die Serben des Kosovo mit sich bringen. Die dritte Ebene ist ein Schutzmechanismus für die Minderheiten. Das bedeutet einen breiten Schutz der Serben auf lokaler und zentraler Ebene. Den Serben werden eine Repräsentanz im Parlament des Kosovo, in der Regierung und ein verfassungsmäßiger Schutz vitaler Interessen zugesichert.“

Das Gespräch führte Fabian Schmidt

DW-RADIO/Albanisch, 19.6.2006, Fokus Ost-Südost