1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Premier der bosnischen Serbenrepublik schließt Referendum nicht aus

8. Juni 2006

Milorad Dodik, der Premier der Republika Srpska hat bei einem Besuch in Serbien für Aufsehen gesorgt. In einer Rede deutete er ein mögliches Unabhängigkeitsreferendum für seine Entität an.

https://p.dw.com/p/8abN
Folgt die Serbenrepublik dem montenegrinischen Beispiel?Bild: AP

In einem Vortrag vor der Gesellschaft für den Erhalt des Serbentums (Matica Srpska) am vergangenen Dienstag (8.6.) hat der Premier der Republika Srpska, Milorad Dodik, ein Referendum über die Loslösung der bosnisch-herzegowinischen Entität aus dem Gesamtsstaat ins Spiel gebracht. Dodik sagte: "Es ist uns schon klar, dass ein solches Referendum im Augenblick keine internationale Zustimmung findet. Als ich von der EU gefragt wurde, was ich davon halte, dass für das Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro mindestens 55 Prozent der Wahlbeteiligten erforderlich waren, sagte ich: ‚Geben Sie uns 90 Prozent‘. Selbstverständlich haben sie das in Brüssel als Scherz aufgefasst. Aber ich muss Ihnen sagen, die vorherrschende Stimmung bei uns ist ungefähr so."

Dodik räumte jedoch ein: "Wir können nicht gegen Windmühlen kämpfen, denn von der internationalen Gemeinschaft wird ein Referendum im Augenblick nicht gebilligt, ohne sie geht nichts." Ihm zufolge sollte dennoch ein Referendum als mögliche Option in Betracht gezogen werden. Dies sei eine Reaktion auf diejenigen, die unermüdlich versuchten, die Republika Srpska abzuschaffen. Dodik sagte: "Wenn Sarajewo unermüdlicht wiederholt, die Republika Srpska dürfe nicht existieren und sei auf der Basis von Völkermord geschaffen worden, bekommen sie als Antwort von unserem Volk die Forderung nach einem Referendum."

Kooperation mit Den Haag

In seiner Rede unterstrich Dodik außerdem, die Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal ICTY sei unerlässlich - sowohl für Bosnien-Herzegowina als auch für Serbien. Dabei befürwortete er unmissverständlich die Kooperation mit dem Tribunal, weil sie für das Fortkommen der Länder erforderlich sei. Zugleich rief er die flüchtigen Angeklagten auf, Patriotismus zu beweisen, indem sie sich dem Tribunal stellten und damit eine schwere Last von den Schultern des serbischen Volkes nähmen.

Europäische Integration nicht um jeden Preis

Der Premier, der zugleich Vorsitzender des Bundes der Unabhängigen Sozialdemokraten ist, sagte, die Republika Srpska vertrete auch im Hinblick auf die europäische Integration ihre eigene Meinung: "Wir sind für einen europäischen Weg, wir wollen ein Teil der europäischen Gemeinschaft sein." Falls jedoch die Voraussetzung für eine europäische Integration die Abschaffung der Republika Srpska sei, dann sei die Antwort eindeutig: "Danke schön, dann bleiben wir da, wo wir sind – aber mit der Republika Srpska."

Der sonst eher als liberal-bürgerlich geltende Politiker überraschte mit seinen Äußerungen das Publikum, weil er sich damit als Verfechter des serbischen Nationalismus präsentierte. Viele Beobachter gehen jedoch davon aus, dass Dodik mit nationalistischen Aussagen Wähler gewinnen möchte, denn am 1. Oktober finden in Bosnien-Herzegowina allgemeine Wahlen statt.

Dinko Gruhonjic, Novi Sad
DW-RADIO/Serbisch, 6.6.2006, Fokus Ost-Südost