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Cash und Karma

Katharina Borchardt8. Juni 2006

Wirtschaft - ist das nicht ein Fressen und Gefressen-Werden? Ist das nicht ein ständiger Kampf ums Überleben? Nicht unbedingt, meint die buddhistische Unternehmensberatung "Enlightened Business Institute" aus den USA.

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Wirtschaftlicher Erfolg mit Buddha?Bild: dpa

Wer wirtschaftlichen Erfolg haben will, darf nichts an sich raffen, sondern muss vor allem großzügig sein, meint das buddhistisch orientierte "Enlightened Business Institute" (EBI). Inzwischen interessieren sich auch deutsche Unternehmensberater für das Konzept.

Vom Geben und Nehmen

Man muss kein sattelfester Buddhist sein, um am Berliner Workshop des EBI teilzunehmen. Es sind 13 ganz normale Unternehmer und Angestellte, die einen Arbeitstag opfern, um über den Zusammenhang zwischen Erfolg, Geld und Wohlergehen nachzudenken. Denn Erfolg ist ja schließlich "mehr als nur wirtschaftlicher Gewinn, er schließt Wohlbefinden, Liebe und Gesundheit mit ein". So steht es auf der Einladung zum Seminar. Aber wenn man all dies bekommen möchte, muss man zuerst einmal lernen zu geben: "Unsere Botschaft unterscheidet sich grundlegend von den üblichen Business-Methoden. Wir lehren, dass man zurückbekommt, was man gibt", sagt Gary Hirsch, Präsident des EBI und selbst Buddhist. "Wenn ich lehre, wie man sich um Menschen kümmern und trotzdem gutes Geld verdienen kann, dann werden sich die Leute auch um mich kümmern, wenn das nötig sein sollte, und ich werde dann alles bekommen, was ich brauche."

Elfenbeinstatuette
Ein anderer Blick auf die WirtschaftBild: AP

Das ist leichter gesagt als getan. Schließlich heißt das auch, dass man gerade dann großzügig sein soll, wenn man knapp bei Kasse ist. Oder dass man entspannt bleibt, wenn man unter Zeitdruck steht. Dahinter steckt die buddhistische Überzeugung, dass man mit jeder Handlung Karma produziert.

Vom Säen

"Wenn wir ein bestimmtes Ergebnis haben wollen, dann kommt es darauf an, dass wir die richtigen Samen säen. Im Deutschen sagen wir: Wie's in den Wald ruft, so schallt es heraus", sagt Arne Schaefer, Zen-Buddhist und angehender EBI-Trainer in Deutschland. "Wenn ich also Wohlstand haben möchte, dann kann ich nicht anfangen, Zwietracht zu säen oder geizig zu sein. Geiz mag eine Strategie sein, die kurzfristig funktioniert, aber was ist langfristig? Und insofern geht es uns darum, deutlich zu machen: Wie säe ich die richtigen Samen?"

Der Samen - das ist im Buddhismus das Karma. Karma heißt übersetzt "Tat", aber es umfasst auch die Konsequenzen einer jeden Handlung. Oft ist es unfruchtbar, dass der Mensch immer wieder nach denselben Mustern reagiert: "Und da setzen wir letztlich an: wie kommen wir raus aus einem gewissen Kreislauf von Gewohnheiten", sagt Schaefer. "Meditation ist ein hilfreiches Mittel, um diesen einen Schritt zurück zu machen, bevor wir gleich wieder reagieren."

Die Leere der Dinge

Dem Kreislauf immer gleicher Verhaltensweisen entkommt man, wenn man erkennt, dass alle Dinge und Wesen um uns herum im Grunde leer sind. Man reagiert aber oft aufgrund eingeschliffener Interpretationen auf sie. Die Erkenntnis der Leerheit aller Dinge ist eine buddhistische Grundeinsicht, die man durch Meditation erlangt. Auf ihren Seminaren versuchen Gary Hirsch und Arne Schaefer daher auch, die Kursteilnehmer mit Meditationen vertraut zu machen. Arne Schaefer selbst ist Zen-Buddhist und verbringt täglich morgens und abends je eine knappe Stunde sitzend in absoluter Stille. Er findet nicht, dass das Zeitverschwendung ist. "Ich finde es nicht nur im Sinne einer Entspannung für wichtig, um dann auch präsent sein zu können meinen Kunden gegenüber, sondern weil ich merke, dass solche Phasen der absoluten Ruhe und Stille auch ein neues Potential an Kreativität freisetzen."

Das EBI vermittelt nur die besten Werte: Großzügigkeit und Ehrlichkeit, Mitgefühl und Sanftmut. Dadurch soll das Leiden auf der Welt verringert werden - das große Ziel buddhistischer Ethik. Trotzdem ist Vorsicht geboten: Da es darum geht, materielle Güter zu erlangen, ist die feine Grenze zur Gier leicht überschritten. Und noch nie hat ein Gieriger den Kreislauf der Wiedergeburten verlassen und das Nirvana erreichen können.

Der Buddhist und Gründer des EBI Geshe Michael Roach hat sicherlich oft darüber nachdenken müssen, wann wirtschaftlicher Erfolg in Habsucht umschlägt: Er hielt sich stets streng an buddhistische Werte und brachte es vom Laufburschen zum Vizepräsidenten eines New Yorker Diamantenimperiums - der amerikanische Traum schlechthin. Der Buddhismus war da beileibe nicht nur das Mittel zum Erfolg, aber irgendwie erwies er sich als überaus gewinnbringend. Und das ist die leise Furcht, die - bei aller Zustimmung - am Ende bleibt: dass der Buddhismus zum freundlichen, aber auch nützlichen Mittel verkommen könnte, um aus Tellerwäschern Millionäre zu machen.