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Kommentar: Die peinliche Diskussion

Monika Dittrich22. Mai 2006

Aus dem Verfassungsschutzbericht 2005 geht hervor: Es gibt mehr Neonazis. Mehr Deutschtümelei. Mehr Gewaltbereitschaft - Treibstoff für die politische Diskussion, meint Monika Dittrich.

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Jetzt haben wir es also noch mal in Zahlenkolonnen schwarz auf weiß. Aber eigentlich wussten wir es doch längst. Da werden Menschen auf offener Straße halb totgeschlagen, weil sie fremd aussehen. Da wird ein kleiner Junge von Neonazis gequält und gedemütigt, weil seine Haut schwarz ist. Da wird ein Jugendclub überfallen, weil dort über Rechtsextremismus diskutiert wird.

Warum jetzt?

Diese Beispiele zeigen: Das Problem ist ernst. Und es ist gut, dass es auf den Tisch kommt. Aber warum ausgerechnet jetzt? Eine These: Das hat nichts zu tun mit den gewalttätigen Überfällen, die sich derzeit häufen. Es hat auch sicher nichts zu tun mit den spröden Zahlen im Verfassungsschutzbericht. Nein, es hat zu tun mit der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft. Und das ist peinlich. Denn es zeigt: Wer jetzt besonders laut zum Kampf gegen Rechts bläst - dem geht es nicht wirklich um den Schutz der Mitbürger. Wer meint, mit Geld und guten Worten den rechten Sumpf im Schnellverfahren austrocknen zu können - dem geht es in Wirklichkeit vor allem um das gefährdete Ansehen Deutschlands.

Wie peinlich wäre es doch, wenn das große, fröhliche Fußballfest von den dumpfen Glatzköpfen gestört würde. Stimmt, das wäre wirklich peinlich. Aber es ist genauso schlimm und traurig, wenn Menschen vor oder nach der Fußball-WM angegriffen werden. Und das werden sie in Deutschland. Es gibt tatsächlich Gegenden, in denen sich fremd aussehende Menschen nicht sicher fühlen können. "No-Go-Area" ist nur ein neues Wort dafür. Die Neonazis selbst sprechen von "national befreiten Zonen". Dagegen müssen wir etwas tun. Nicht, um uns während sportlicher Großveranstaltungen als tolles Land zu präsentieren. Sondern weil die Seele unserer Gesellschaft Demokratie heißt. Weil Gleichberechtigung und der Schutz der Menschenrechte zu den Grundfesten unseres Staates gehören. Darauf können wir stolz sein, und das müssen wir vermitteln. Freundlichkeit gegenüber Gästen gehört übrigens dazu. Das Motto der Fußball-Weltmeisterschaft lautet: Die Welt zu Gast bei Freunden. Ein schöner Slogan und ein guter Anspruch. Dem wollen wir gerecht werden. Aber bitte nicht nur während der Fußball-Weltmeisterschaft.