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Viele Fragen an Kostunica bei Deutschland-Besuch

18. Mai 2006

Bei seinem Deutschland-Besuch sah sich der serbische Premier Kostunica mit vielen unangenehmen Fragen konfrontiert: Status des Kosovo, Auslieferung der Kriegsverbrecher, Zukunft der Staatenunion mit Montenegro.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel begruesst Serbiens Ministerpräsienten Vojislav KostunicaBild: AP

Serbiens Ministerpräsident Vojislav Kostunica kam Anfang dieser Woche nach Deutschland, um für Unterstützung für sein Land zu werben. In Kanzlerin Angela Merkel fand er offensichtlich eine aufmerksame Zuhörerin. Mehr aber auch nicht. Denn das Balkanland ringt um seine Zukunft.

Volksabstimmung in Montenegro

Dem Staatenbund Serbien-Montenegro steht die Volksabstimmung in der kleineren Teilrepublik bevor. Am 21. Mai entscheiden die Montenegriner, ob sie weiterhin mit Serben in der losen Union bleiben möchten. Wie der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz, gegenüber der Deutschen Welle bestätigte, ist Berlin daran gelegen, "dass man in jedem Fall von Belgrad aus im Gespräch bleiben muss - sei es um die Modalitäten zu verhandeln, die es nach einem Trennungsbeschluss zu regeln gibt, sei es aber auch für den Fall, dass die staatliche Einheit erhalten bleibt. Da muss man von Belgrad aus mit Montenegro sprechen, wie diese staatliche Einheit mit mehr Zusammenhalt und Inhalt gefüllt wird. "

Spielräume im Kosovo

Kostunica steht für einen weiteren Zusammenhalt beider Republiken, die Regierung in Podgorica ist dagegen. Die größte Sorge des serbischen Premiers ist aber nicht Montenegro, sondern Kosovo. Die mehrheitlich albanische Provinz steht unter UNO-Verwaltung und strebt nach der Unabhängigkeit. Eine staatliche Souveränität möchte Serbien nicht hinnehmen. In Wien laufen gerade die Status-Verhandlungen unter der Führung des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari. Der deutsche Außenminister Steinmeier wies Kostunica darauf hin, wie der serbische Premier erklärte, "dass der Spielraum des Herrn Ahtisaari eng ist. Ich habe gesagt, dies bedeute dass es einen Spielraum doch gibt - und eine Möglichkeit für einen Kompromiss. Ich habe angedeutet, dass unser Verhandlungs-Team der Kontakt-Gruppe bald einige Einzelheiten für den künftigen Status des Kosovo mitteilen wird."

Die Kontakt-Gruppe - in der die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Russland sitzen - befürwortet eine so genannte bedingte Unabhängigkeit oder begrenzte Souveränität für das Kosovo. Belgrad bietet eine umfassende Autonomie an. Das Thema beherrschte den größten Teil der Gespräche in Berlin. Im Bundestag hat sich ihr auch der Auswärtige Ausschuss gewidmet, so der Vorsitzende Polenz: "Hier sind noch viele Fragen fehlenden Vertrauens zu überwinden. Das geht nur von beiden Seiten. Es ist nicht so, dass es nur von serbischer Seite möglich wäre. Hier muss auch die albanische Seite Beiträge dazu leisten. Aber wichtig ist, dass man erkennt: das, was man jetzt verhandelt, ist nicht Werk der jetzt demokratisch gewählten Regierung Serbiens, sondern man muss im Grunde ausbaden, was die Politik von Milosevic angerichtet hat."

Streit um Mladic-Auslieferung

Der inzwischen verstorbene serbische Machthaber Slobodan Milosevic wurde für die Kriege und Kriegsverbrechen in ehemaligem Jugoslawien verantwortlich gemacht. Das Haager Tribunal soll diese Verbrechen ahnden. Nun wartet es unter anderem noch auf die Verhaftung des wegen Völkermordes angeklagten Ratko Mladic. Der ehemalige Kommandeur der bosnischen Serben, so wird vermutet, genießt seit Jahren Schutz in Serbien.

Die Auslieferung Mladics, beteuerte Kostunica in Berlin, werde nur noch durch technische Probleme verhindert. Belgrad wisse nicht, wo Mladic sich jetzt verstecke, suche aber unermüdlich weiter, versicherte Kostunica der Kanzlerin und dem Außenminister: "Wichtig ist, aber, dass es keine politischen Hindernisse gibt. Es geht nicht um mangelnden Willen, sondern um Probleme, die mit der Zeit gelöst werden."

Mladics Helfer in Reihen der Armee und der Geheimdienste dürften einige dieser Probleme sein. Ein Dutzend Personen wurde in den letzten Wochen in Belgrad verhaftet. Die Polizei-Razzien kommen allerdings zu spät. Die Auslieferung Mladics ist die Voraussetzung für die weitere Annähung Serbiens an die EU. Weil auch die letzte Frist dafür verstrichen war, setzte Brüssel Anfang des Monats die Verhandlungen aus. Eine europäische Perspektive, versicherte die deutsche Seite nun dem Gast aus Belgrad, solle für Serbien wie auch für Montenegro und das Kosovo auf jeden Fall bestehen bleiben.

Filip Slavkovic
DW-RADIO/Serbisch, 16.5.2006, Fokus Ost-Südost