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Die Erfindung des Fußballs

Carlos Aluquerque9. April 2006

Das Deutsche Patentamt hat die Erfindungen rund um den Fußball seit den Anfängen zusammengestellt. Eine einzigartige Technikgeschichte - und eine kuriose Lektüre.

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Natürlich ist auch dies patentiertBild: Deutsches Patent- und Markenamt

Die kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) aus München hat anhand von Patentschriften die historische Entwicklung des Fußballs begleitet - der Beitrag des Amtes zur WM 2006.

Der Sport

Wer den Fußball denn nun erfunden hat, kann natürlich auch das Patentamt nicht beantworten. Man gibt aber immerhin eine paar Ansätze: Laut der Studie wurden Ballspiele meist zur Vorbereitung kultischer Handlungen ausgetragen. Als ältestes Fußballspiel wird derzeit das chinesische Ts’uh-küh angesehen, über das erstmals im Jahre 2697 vor Christus berichtet wird. Ts’uh-küh bedeutet "einen mit Federn und Haaren gefüllten Lederball mit dem Fuß stoßen."

Das bis heute in Japan gespielte Kemari ist wahrscheinlich vom chinesischen Ts’uh-küh inspiriert. Zwischen japanischen Kemari- und Ts’uh-küh-Spielern soll 50 vor Christus das erste internationale Fußballspiel ausgetragen worden sein.

Im antiken Griechenland wurde schließlich Epskyros (= "Ballschlacht") gespielt. Hier stand die militärische Ertüchtigung im Vordergrund. Die Römer adaptierten dieses Spiel für ihre Legionen und nannten es Harpastum. Auf ihren Eroberungszügen verbreitete sich dieses wohl rugbyähnliche Spiel unter anderem auf den Britischen Inseln, in Gallien und in Germanien. Es wird deshalb häufig als die Keimzelle lokaler Fußballvarianten angesehen.

Der Ball

WM 2006 Intelligenter Ball
Bild: Deutsches Patent- und Markenamt

Luftgefüllte Bälle, wie 1519 in einem englischen Schulbuch dokumentiert, scheinen auf der Insel ein gängiger Balltyp gewesen zu sein. In der 1592 entstandenen "Komödie der Irrungen" gibt auch Shakespeare einen Hinweis auf die Bauart eines Fußballs. Zumindest lässt er im Stück einen Akteur klagen, dass er, sofern er weiterhin wie ein Fußball herumgestoßen werden sollte, wenigstens in Leder genäht werden möchte.

Schon die Griechen bliesen Schweineblasen auf und nähten diese in Schweine- oder Hirschleder. Diese Konstruktion wird als die Urform des aus zwei Hüllen gebildeten Fußballs angesehen. Dessen moderne Geschichte begann mit dem amerikanischen Patent von Charles Goodyear für die Vulkanisierung von Kautschuk aus dem Jahr 1844.

Als eine Folge dieser Materialentwicklung kam es 1886 zur Erfindung des Gummi-Fußballs (Patent GB 1886-4359 A). Ventil und Luftpumpe sind in Großbritannien 1886 und 1887 patentiert worden. Der heutige schwarz-weiß gemusterte Fußball, dessen Hülle aus Fünf- und Sechsecken zusammengesetzt wird, ist eine deutsche Erfindung von 1970.

Innovationen im Bereich Ball stellen zwei amerikanische Patente dar: Der selbstaufblasbare Ball, in dem die Pumpe direkt angebracht ist, und der Fußball mit mehrlagiger Außenhülle. Der so genannte intelligente Ball mit integriertem Radiowellensender zur Positionsbestimmung ist eine deutsche Erfindung aus dem Jahr 2003 (DE 103 38 620 A1).

Die Pfeifen

WM 2006 Trilerpfeife
Bild: Deutsches Patent- und Markenamt

Ursprünglich für die Polizei hergestellt, wurde Ende der 1860er Jahre die Messingpfeife von Joseph Hudson 1885 in Großbritannien patentiert. Eine Messingpfeife ohne Kugel wurde erstmals im Jahr 1878 bei einem Fußballspiel des Nottingham Forrest FC eingesetzt. Diese wurde schon bald durch die wesentlich lautere Trillerpfeife ersetzt, die ebenfalls von Hudson entwickelt wurde.

Die Karten

Gelbe und Rote Verwarnungskarten wurden erst zur WM 1970 in Mexiko eingeführt, nachdem es bei der WM 1966 beim Spiel Argentinien gegen England zu Turbulenzen gekommen war. Sie werden heute aus Kunststoff mit leuchtenden, reflektierenden Farben und Beschichtungen vorgesehen. Kurios: Laut DPMA finden Verwarnungskarten keine besondere Erwähnung in der Patentliteratur.

Das Tor

WM 2006 Fussballfeld, wo das Tor zu sehen ist.
Bild: Deutsches Patent- und Markenamt

Historisch gesehen ist es schwer nachzuvollziehen, welches Objekt genau für das Fußballtor Pate gestanden hat. Es wurde in den Frühzeitenzeiten des modernen Fußballs keine ermittelbaren Patente erteilt, wie es bei anderen Ballsportarten der Fall ist, etwa beim amerikanischen Patent für ein Polotor von 1885.

Aber es gibt Neues bei den Toren: Das spanische Patent für Torlatten mit integrierten Kameras von 1988 und das deutsche Patent aus dem Jahr 2003 für Torrahmen mit integriertem Leuchtmittel, die bei einem erzielten Tor blinken.

Der Schuh

WM 2006 Fußballschuh
Bild: Deutsches Patent- und Markenamt

Ende des 19. Jahrhunderts fanden sich kaum zwei Mannschaften, die die selben Schuhe trugen. Als einzige regeltechnische Anforderung musste nur beachtet werden, dass an den Schuhen nichts sein durfte, mit was die Gegenspieler gefährdet werden konnten (Regel 13). In der ersten Hälften des 19. Jahrhunderts wurde Fußball bereits an praktisch allen öffentlichen Schulen Englands gespielt. Im Gegensatz zu den Amateurteams wurden für die Schüler dabei speziell angefertigte, robuste und knöchelhohe Stiefel entwickelt, die meistens mit sechs Stollen an der Sohle versehen waren.

Tragekomfort und Gewichtsreduzierung konnten erst mit der Entwicklung neuer Materialien vorangetrieben werden. Als Innovation gilt die Behandlung der Oberflächenstruktur, die das Abgleiten der Bälle auf nassen Schuhoberflächen vermindern kann wie etwa im Weltpatent von 1991 (WO 92/2224 A1). Hierbei schlägt das deutsche Patent aus dem Jahr 1968 (DE 1998 909 U) in einem besonders originellen Ansatz die Verwendung eines natürlichen Materials vor: die Haut des Knorpelfisches.