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Wenn Bestechung Menschenleben fordert

Monika Hoegen7. April 2006

Korruption ist schlimm. Schlimmer noch, wenn sie da passiert, wo es um Leben und Tod geht - im Gesundheitssektor. Transparency International hat in ihrem Global Corruption Report 2006 erschreckende Zustände aufgedeckt.

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Korruption im Gesundheitswesen ist weit verbreitetBild: dpa

Die Zahlen sind erschreckend: Die Organisation Transparency International (TI) beziffert den finanziellen Umfang von Korruption im internationalen Gesundheitswesen auf etwa drei Milliarden US-Dollar. "Millionen von Menschen werden von verantwortungslosen Akteuren im Gesundheitsbereich als Geiseln gehalten", schreibt TI in einem Kommentar zu seinem Global Corruption Report, den sie in diesem Jahr dem internationalen Gesundheitswesen gewidmet hat.

"Korruption kostet viel mehr als Geld. Sie kostet viele Menschen das Leben", stellt TI in dem Bericht fest. Das gilt besonders dort, wo die medizinische Versorgung aufgrund mangelnder finanzieller und personeller Ressourcen ohnehin kränkelt - in den armen Ländern dieser Welt. Da könne es schon mal passieren, dass statt einer eigentlich notwendigen Adrenalin-Injektion nur eine Wasserspritze verabreicht wird, heißt es bei Transparency.

Beispiel Costa Rica: 20 Prozent eines internationalen Kredites für medizinische Ausrüstung in Höhe von 40 Millionen US-Dollar wanderten in private Taschen, stellt der Global Corruption Report fest. Oder Bulgarien: Dort verlangen Ärzte und medizinisches Personal Geld für Leistungen, die auf dem Papier eigentlich kostenlos sind. Damit machen sie die medizinische Versorgung für viele Menschen unerschwinglich. In anderen Ländern wiederum wird der Kampf gegen Aids durch Korruption konterkariert.

Aids-Skandal in Uganda

Aids
Die Veruntreuung trifft auch HIV-infizierte KinderBild: AP

Im ostafrikanischen Uganda müssen sich zur Zeit Gesundheitsminister Jim Muhwezi und verschiedene andere Politiker vor Gericht verteidigen. Ihnen wird vorgeworfen, Gelder aus dem Globalen Aidsfonds der UNO massiv veruntreut zu haben. Dabei fehle es nicht einmal an Gesetzen gegen Korruption, sagt Charles Mubbale, Vertreter von TI in Ugandas Hauptstadt Kampala. "Das größte Problem ist der fehlende politische Wille, die Gesetze auch wirklich anzuwenden, das heißt die, die korrupt sind, zu bestrafen, und anderen Signale zu geben, um sie davon abzuschrecken, Regierungsgelder zu veruntreuen."

Massives Missmanagement haben auch die Buchprüfer von PricewaterhouseCoopers bei der Verwendung der Aids-Gelder in Uganda festgestellt. Da sind Mittel einfach verschwunden, es wurden Reisen in Distrikte abgerechnet, die nie besucht wurden. Ein Teil der Gelder floss an Organisationen, die gar nichts mit Aids-Bekämpfung zu tun haben. Inzwischen wurde eine Liste von 300 Empfängerorganisationen aus dem UN-Fonds veröffentlicht - ein großer Teil von ihnen stand unter der Leitung hoher Politiker.

"Der globale Fonds ist in Wirklichkeit nur ein globaler Betrug", empört sich eine Kolumnistin in Kampalas Tageszeitung "The Monitor". "Wir in Uganda kümmern uns um den Kongo und alles Mögliche und klagen die Zustände in anderen Ländern an. Doch über die Korruption, die bei uns zuhause passiert, regen wir uns nicht auf", schreibt die Autorin weiter.

Korruption = Erfolg

Transparency-Vertreter Charles Mubbale bescheinigt seinen Landsleuten ebenfalls einen viel zu laschen Umgang mit dieser speziellen Form von Kriminalität. Es gebe in Uganda eine Tendenz, die Korruption zu verherrlichen, kommentiert Mubbale. "Wir sind nicht so konsequent, wir verurteilen nicht. Es wird eine Art Brauch zu akzeptieren, dass Leute, die Regierungsgelder missbraucht haben, reich werden. In unseren Augen gelten sie auch noch als erfolgreich." Die Bevölkerung erkenne die Zusammenhänge zwischen Korruption und Armut oder Menschenrechtsverletzungen nicht, fügt Mubbale hinzu.

Aids Medikament von der Pharmafirma LaRoche
AIDS-Medikamente können nicht mehr finanziert werdenBild: AP

Für die Entwicklung in Uganda sind die jüngsten Vorgänge fatal. Galt das Land doch jahrelang als Musterknabe und Vorbild in der Aids-Bekämpfung. Die Zahl der Infizierten konnte von rund 20 Prozent in den 80er Jahren auf geschätzte sieben Prozent reduziert werden. Der jetzige Skandal bedeutet nicht nur einen Imageverlust. Auch der finanzielle Verlust ist erheblich: Die Vereinten Nationen suspendierten die geplante Auszahlung von 367 Millionen Dollar aus dem Globalen Aidsfonds an Uganda. Durch die fehlenden internationalen Gelder können viele Projekte zur Aids-Bekämpfung nun nicht mehr bezahlt werden.

Transparency International will sich noch stärker als bisher für den Kampf gegen die Korruption im Land einsetzen und eine Kampagne starten. "Wir versuchen auch andere, ähnliche Organisationen der Zivilgesellschaft zu mobilisieren, um ein Bewusstsein zu schaffen. Denn wir sind davon überzeugt, dass es auf die Massen ankommt", erklärt TI-Vertreter Mubbale. Die Massen könnten ihre Macht dazu nutzen, um Politiker, die Regierungsgelder veruntreuen, zu stürzen.