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Deutschland - ein Wintersportmärchen?

Wolfgang van Kann26. Februar 2006

Egal in welche Bilanz man schaut - es gibt keinerlei Zweifel darüber, dass Deutschland als Wintersportnation Nummer eins aus den 20. Olympischen Winterspielen in Turin hervorgegangen ist.

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Jubel in Schwarz-Rot-GoldBild: picture-alliance/dpa

11 Goldmedaillen gewann keine andere Nation, Amerikaner und Österreicher blieben je zwei dahinter, 29 Medaillen bedeuten auch klar Platz eins vor den USA mit 25 und auch wenn man die so genannte Nationenwertung zu Rate zieht, in die die Plätze eins bis sechs eingehen, liegt das deutsche Team vorn. In Salt Lake City vor vier Jahren musste sich Deutschland zumindest in der Zahl der Goldmedaillen noch Norwegen beugen. Lag aber bei der Gesamtzahl der Medaillen und in der Nationenwertung auch schon vorn.

BdT OL Turin Biathlon Gold für Deutschland
'Goldige' Biathleten: Ricco Gross, Michael Roesch, Sven Fischer und Michael GreisBild: AP

Zu einem Großteil haben die deutschen Wintersportler dieses herausragende Ergebnis den Biathleten zu verdanken, die mit 11 Medaillen in zehn Wettbewerben, darunter 5 Mal Gold, einen wohl nicht mehr wiederholbaren Rekord aufgestellt haben. Ähnliches gilt für die Bobfahrer mit der makellosen Bilanz von dreimal Gold in drei Wettbewerben und die Rodler, die 4 Medaillen in drei Wettbewerben beisteuerten. Und nicht zu vergessen die Kombinierer, die in drei Wettbewerben drei Medaillen gewannen.

Alpine Skifahrer gehören zu den Verlierern

Aber es lief natürlich auch im deutschen Team längst nicht alles wie geplant oder gehofft, denn sonst hätte man ja die insgesamt 36 Medaillen von Salt Lake City wieder erreicht oder gar übertroffen. Sicher noch im Soll aber dennoch enttäuscht sind die deutschen Skilangläufer, bei denen doch zu viele Medaillenträume platzten. Die Snowboarder sorgten zumindest mit der Silbermedaille für Amelie Kober für eine Sensation und können deshalb noch mit einem positiven Zeugnis nach Hause fahren.

Speedskating Anni Friesinger, Claudia Pechstein und Daniela Anschüzt gewinnen die Goldmedaille
Gold 'nur' in der Teamverfolgung: Anni Friesinger, Claudia Pechstein und Daniela AnschützBild: AP

Nicht mehr im Soll waren trotz Gold, Silber und Bronze die Eisschnellläufer, bei denen es für die Männer schon länger sehr düster aussieht und nun auch noch die Damen deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben. Die ganz großen Verlierer im deutschen Team sind aber zweifellos die Skispringer, die zuletzt immer für Medaillen gut waren, und die einstige Paradedisziplin alpiner Skirennsport. Bei beiden Sportarten ist zudem bedenklich, dass ein Aufschwung nicht in Sicht ist.

Ohne Bedeutung blieben Short Track, Skeleton und Freestyle. Allerdings haben sich auch alle drei Sportarten im deutschen Hochleistungssport noch nicht wirklich etabliert. Das sind zwar Eiskunstlaufen, Eishockey und Curling, aber sie bewegen sich auch nach Turin auf internationalem Parkett eher in der zweiten oder gar dritten Reihe.

Immer mehr Länder drängen in die Spitze

Der ganz große Generationenwechsel bleibt nach Turin im deutschen Wintersport zwar aus, doch einige Medaillengaranten werden in Vancouver in vier Jahren sicherlich nicht mehr dabei sein. Viel wichtiger aber ist wohl, dass sich einige Sportarten neue Konzepte einfallen lassen müssen, um neue Talente aufzutreiben oder die vorhandenen Talente in die internationale Spitze zu führen. Vorbild könnte hier tatsächlich Biathlon sein, wo die jetzigen Stars bereits vom Nachwuchs bedrängt werden.

International waren die Norweger mit ihrem Abrutschen von Platz eins auf Rang 13 im Medaillenspiegel die großen Verlierer von Turin. Österreich war, vor allem dank der alpinen Erfolge, mit einem Sprung von Rang zehn auf Platz drei einer der großen Gewinner. Insgesamt wächst die Zahl der Medaillen gewinnenden Nationen auch im Wintersport - wenn auch nicht so schnell wie im Sommer. Es fiel auch auf, dass inzwischen in jeder Sportart gleich mehrer Nationen die Topfavoriten und Medaillenkandidaten stellen und die Dominanz einer Sportart durch eine Nation der Vergangenheit angehört - auch wenn die deutsche Bilanz im Biathlon auf den ersten Blick dagegen spricht.