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Karriere nur mit Kantonesisch

Patrick Tippelt30. Januar 2006

Weil niemand kolonial-linguistische Erbschaften in Thailand hinterließ, kümmert sich China um die brachliegenden Fremdsprachenkenntnisse der Thais. Der erste 5-Jahres-Plan steht.

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Da reibt sich so manch einer bei Hanban, Chinas nationalem Sprachinstitut, die Hände. 1000 thailändische Lehrer werden ab diesem Jahr in China ausgebildet. 500 Lehrer aus dem Reich der Mitte werden nach Thailand ausgesandt. Ganze Schulbuchreihen ("Fröhliches Chinesisch!") werden neu gedruckt, deren Inhalt von Peking vorgegeben wird. Und alles dient der Volksausbildung. Des thailändichen Volkes.

In Thailand ist es schlecht bestellt um Fremdsprachen. Zwar ist Bangkok offiziell zweisprachig; von Straßenschildern bis hin zu Tageszeitungen muss niemand der hiesigen Sprache mächtig sein, um zu überleben, aber vergleicht man die Englischkenntnisse von Taxifahrern in Bangkok und in Singapur oder Kuala Lumpur (und böse Zungen würden auch weitaus kleinere Städte wie Phnom Penh hinzufügen), wird einem bewusst, wie weit das Königreich hinter seinen Nachbarn liegt. Verlässt man Bangkok, stößt man schnell an linguistische Grenzen.

Das freiheitsliebende Land wurde – anders als Laos, Kambodscha, Birma und Malaysia – nie kolonialisiert. Darin sehen einige den Grund für die lückenhaften Fremdsprachenkenntnisse der Thais. Dies soll sich in den nächsten Jahren ändern, geht es nach den Plänen des hiesigen Kultusministeriums.

Chinas Wertesystem für Anfänger

Denn dieses ist einen Pakt mit Hanban eingegangen. Ein beeindruckender, weitreichender Fünf-Jahres-Plan wurde ausgeheckt, von dem über eine Million Schüler und Studenten profitieren sollen. Bis 2011 sollen sie flüssig Chinesisch sprechen, lesen und schreiben können. Auch Erwerbstätige sollen sich der Sprache in Fortbildungskursen annehmen. Hier geht es nämlich um die vorherrschende Sprache der Region, zumindest in der nahen Zukunft. Englisch wird da nur noch eine kleine Rolle spielen, wird von Lehrplänen verdrängt werden. Sobald sich der Riesenmarkt Chinas öffnet. Karriere wird der machen, der Kantonesisch spricht.

Einigen Unternehmern geht das nicht weit genug. Sie denken, dass Sprachkenntnisse allein nichts bringen. Sinologieprofessoren sollen den Schülern gründliches Wissen über China beibringen. Chinesische Kulturzentren sind inbegriffen im 5-Jahres-Plan; über ganz Thailand verteilt werden sie aufgebaut. Bald also Chinas Wertesystem für Anfänger à la VHS-Kurs – auf Phuket?

Dim Sum und Drachentänze

So manchem reinblütigen Thai ist das alles ein wenig unheimlich. Am vorherigen Wochenende feierte man das chinesische Neujahr. Und nicht nur Chinatown war dem kulinarisch-kulturellen Vergnügen samt Dim Sum und Drachentänzen gewidmet. So groß ist die chinesischstämmige Bevölkerung Bangkoks, und – weitaus wichtiger – so mächtig, dass eigentlich nichts mehr ging in der Stadt. Viele Geschäfte hatten dicht, die Straßen waren leer.

Den wenigen im Land, die fürchten, dass der große Geschäftspartner im Norden irgendwann zu mächtig werden kann, wird entgegenhalten, dass Thailand seinen Nachbarn hinterhinkt, was die Chinakenntnisse betrifft. In Japan gebe es 20.000 Sprachschulen, in Südkorea gar 40.000. Selbst in den USA kann man alles Chinesische in 10.000 Instituten lernen. Thailand kommt nur auf ein paar Hundert.

Eine Branche in Thailand allerdings leckt sich die Finger nach eventuellen zukünftigen Invasionen. Der Tourismus wartet auf die Wellen aus China. Bisher kamen nur ein paar Tausend Hongkong-Chinesen und Wohlhabende aus dem Reich der Mitte. Man hofft auf die Massen aus dem Norden. Und die kommen vielleicht schneller, als so mancher Hotelbesitzer denkt.