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„Vom EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens kann die gesamte Region profitieren“

26. Januar 2006

Am Rande eines Bulgarien-Wirtschaftsforums in Stuttgart sprach DW-RADIO mit Oliver Wieck vom Ostausschuss des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) über die Beitrittsperspektiven von Bulgarien und Rumänien.

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Signale der deutschen Wirtschaft nach SofiaBild: dpa

DW-RADIO/Bulgarisch: Herr Wieck, Sie haben auf dem Wirtschaftsforum zu Bulgarien auch den bulgarischen Ministerpräsidenten Sergej Stanischew getroffen. Welche Anliegen der deutschen Investoren haben Sie weitergegeben?

Oliver Wieck: Es ging bei diesem Gespräch um zwei Dinge: Einmal um ein Signal des Ministerpräsidenten an die deutsche Wirtschaft, wie die Entwicklung in Bulgarien verläuft – gerade auch mit Blick auf den Beitritt. Und es ging umgekehrt darum, das Interesse deutscher Unternehmen an einem Engagement in Bulgarien zu signalisieren. Die Unternehmen, die dort sind, sind eigentlich sehr zufrieden. Natürlich kann man sich noch weitere Verbesserungen erhoffen in Sachen Transparenz, Rechtssicherheit, Bekämpfung der Korruption und Verbesserungen im Justizwesen. Aber auch hier sehen wir eigentlich die bulgarische Seite auf einem richtigen Weg. Wir haben durchaus das Gefühl, dass es Bulgarien gelingen kann, diese Voraussetzungen insoweit zu erfüllen, dass einem Beitritt zur EU im Jahr 2007 nichts entgegensteht.

Es ist immer noch nicht ganz klar, ob es Bulgarien schafft, 2007 in die EU zu kommen. Welche Auswirkungen würde eine Verschiebung der EU-Mitgliedschaft um ein Jahr auf die deutschen Investoren haben?

Aus Unternehmenssicht ist sicherlich der Beitritt - sei es nun 2007 oder 2008 – vorweg genommen worden. Das heißt, er ist in den Planungen der Unternehmen bereits drin. Damit kalkuliert man bereits. Deshalb wird eine Verschiebung um ein Jahr sicher keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Engagement haben. Eine ganz andere Frage, die es in diesem Zusammenhang zu klären gilt, ist, was hat man denn von einer Verschiebung um ein Jahr? Was wird denn wirklich damit bewirkt - abgesehen davon, dass man beiden Ländern, Rumänien und Bulgarien, ein Signal gibt, dass sie jedenfalls zum jetzigen Moment nicht gewollt sind. Ich kann nur empfehlen, dass man sehr vorsichtig mit einem solchen Signal umgeht. Beide Länder, Bulgarien und Rumänien, haben in den letzten Monaten und Jahren deutliche Anstrengungen unternommen, den EU-Beitritt im Jahr 2007 zu ermöglichen. Das sollte auch honoriert werden. Das sollte sich natürlich auch widerspiegeln in konkreten Ergebnissen. Aber wenn man hier die richtige Tendenz sieht, dann steht aus unserer Sicht einem Beitritt 2007 eigentlich nichts entgegen.

Herr Wieck, im Vergleich zur übrigen Balkanregion ist Bulgarien ein kleiner Markt. Die gesamte Balkanregion ist allerdings sehr unterschiedlich – nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich gesehen. Sehen Sie dort positive Entwicklungen, die die deutschen Investoren stärker nach Südosteuropa ziehen könnten?

Ich habe dem bulgarischen Ministerpräsidenten eine ähnliche Frage gestellt: Welche Auswirkungen hat der EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens auf den gesamten Westbalkan? Er hat in seiner Antwort versichert, dass es im ureigenen Interesse von Bulgarien liege, die Erfahrungen, die man selber mit dem Beitritt gemacht hat, auch auf den Westbalkan zu übertragen. Die Signale, die man im Moment bekommt, deuten ja auch in die richtige Richtung: die Anerkennung des Kandidatenstatus für Mazedonien, die konkreten Verhandlungen und das konkrete Datum für Kroatien, das Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen mit Serbien und Montenegro. Alles das deutet darauf hin, dass die gesamte Region von dem Schub, der mit dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien ausgeht, profitieren kann. Wir gehen davon aus, dass durch diese Entwicklung mehr Wohlstand in die Region hinein getragen wird und dann eine Region mit rund 55 Millionen Einwohnern natürlich auch für die deutsche Wirtschaft von Interesse ist.

Das Interview führte Marinela Liptcheva-Weiss

DW-RADIO/Bulgarisch, 23.1.2006, Fokus Ost-Südost