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Belarus: Bedenken gegen litauische Atom-Pläne

12. Januar 2006

Belarussische Experten warnen vor litauischen Plänen, ein Lager für radioaktiven Abfall nahe Belarus zu bauen. Die Litauer sehen keine Alternative. Auch das AKW Ignalina soll länger laufen, als der EU zugesagt wurde.

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Atomkraftwerk IgnalinaBild: EPA PHOTO / AFI / GATIS DIEZINS

Der litauische Wirtschaftminister Kestutis Dauksys hat erklärt, sein Land wolle sich mit der EU über die Verlängerung der Frist für den Betrieb des Atomkraftwerks Ignalina einigen, bis für das Kraftwerk eine Alternative gefunden ist. Mit dem Beitritt zu EU hatte sich Litauen verpflichtet, das Kernkraftwerk bis zum Jahr 2009 stillzulegen. Dauksys teilte darüber hinaus mit, Vilnius prüfe derzeit den Bau eines neuen Atomkraftwerks als Ersatz für das in Ignalina. Die Planer dieses Projekts meinen, dass nicht nur die baltischen Länder, sondern auch Deutschland und Skandinavien Abnehmer des Stroms werden könnten.

In Ignalina steht ein Reaktor desselben Typs wie in Tschernobyl. Swetlana Owsjannikowa, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des radiochemischen Labors der Staatlichen Belarussischen Universität, erklärte der Deutschen Welle, dass Atomkraftwerke dieses Typs keine zusätzliche Schutzhülle aus Beton besitzen. Deswegen würde bei einem Unglück radioaktives Material ungehindert in die Umwelt gelangen. Aus demselben Grund bestehen die EU und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) auf der Stillegung solcher Kernkraftwerke.

Radioaktive Gefahr für Kurorte

In Belarus ist man zudem über den geplanten Bau eines Endlagers für radioaktive Abfälle des Atomkraftwerks Ignalina besorgt. Vor den Folgen für die Umwelt warnte auf einem Expertentreffen in Vilnius, an dem auch Vertreter der IAEA teilnahmen, das Mitglied der belarussischen Akademie der Wissenschaften, Professor Anatolij Kudelskij. Im Gespräch mit der Deutschen Welle lobte er die Professionalität seiner litauischen Kollegen. Er machte aber deutlich, dass Belarus gegen den Bau des Lagers eintrete, weil das Projekt keine Maßnahmen für den Notfall vorsehe, wenn radioaktive Elemente austreten würden. In einem Notfall würde ein Drittel der schädlichen Stoffe auf belarussisches Territorium gelangen, zudem auf ein Gebiet, in dem der Tourismus ausgebaut werden solle. Dank schwefelhaltiger Quellen wolle man dort Kurorte errichten. Außerdem befürchte man in Belarus, dass in dem litauischen Lager mit der Zeit auch Abfälle aus anderen europäischen Atomkraftwerken entsorgt werden könnten.

Litauer sehen keine Alternative

Kudelskij unterstrich ferner, dass alle drei für den Bau in Frage kommenden Gebiete sich buchstäblich an der Grenze zu Belarus befänden, deswegen seien sie alle gleich zu bewerten. Litauische Experten meinen hingegen, es gäbe keine anderen Gebiete, die die rechtlichen, ökologischen und technischen Anforderungen an eine Lagerstätte erfüllten. Professor Kudelskij sagte auch, Belarus könne Litauen keine Bedingungen diktieren. Er machte aber darauf aufmerksam, dass die IAEA von der litauischen Seite verlange, sich mit ihren Nachbarn zu beraten.

Schweineställe als Vergeltung

Der vom offiziellen Minsk geplante Bau gigantischer Schweineställe an der Grenze zu Litauen als Antwort auf die Pläne des offiziellen Vilnius bezeichnete Kudelskij als emotionale Reaktion eines Landes, das unter der Havarie in Tschernobyl stark gelitten habe.

Jelena Danejko

DW-RADIO/Russisch, 12.1.2006, Fokus Ost-Südost